Die 82. Histori sagt, wie Ulenspiegel einen Hund schand und gab das Fel der Wirtin zu Bezalung, darumb das er mit ihm aß.

[235] Nun begab es sich, daz Ulenspiegel kam an ein Ort zu Huß und findt die Wirtin allein. Und da het die Wirtin ein zöttigs Hündlin, den het sie gantz lieb und der must allezeit uff der Schoß ligen, wan er müßig was.

Als nun Ulenspiegel bei dem Feur saß und tranck uß der Kannen, da het die Fraw den Hund darzu gewent, wann sie Bier tranck, so müst sie dem Hund Bier in ein Schüssel geben, daz er auch tranck. Als nun Ulenspiegel saß und[236] tranck, da stund der Hund uff und geliebet sich zu Ulenspiegeln unnd sprang ihm an den Halß. Daz sah die Wirtin und sprach: »Ach geben ihm trincken in die Schüssel, daz ist sein Meinung.« Ulenspiegel sagt zu ihr: »Gern.« Die Wirtin get und thut ihr Ding, daz sie zu schaffen het, und Ulenspiegel trinck und gibt dem Hund auch in die Schüssel und darin ein Bissen Fleisch, so das der Hund gar vol ward und legt sich zu dem Feür und streke sich, so lang er was. Da sagt Ulenspiegel zu der Wirtin: »Wir wöllen rechen«, und sprach wider, »liebe Wirtin, ob ein Gast Euwer Kost isset und Euwers Biers trincket und er het kein Gelt, wolten Ihr dem Gast auch borgen?« Die Wirtin hüt sich nit dar für, daz er den Hund het gemeint, und gedacht, er wär derselbig Gast, und sagt zu ihm: »Her Gast, man borgt hie nit, man muß Gelt geben oder Pfand.« Ulenspiegel sprach: »Des bin ich meinß Teils zufriden, ein anderer sorg für daz sein.« Da gat die Wirtin hinweg, und als Ulenspiegel kund zuwegen bringen, da nimpt er den Hund under den Rock in den Stal und zeucht ihm das Fel ab und gat wider in das Hus zu dem Feür und het des Hunds Fel under dem Rock. Da hieß Ulenspiegel die Wirtin zu ihm kumen und sagt: »Lassen uns rechen.« Die Wirtin recht und Ulenspiegel legt daz halb Geloch. Da sprach die Wirtin, wer daz ander halb bezalen solt, er hät daz Bier allein getruncken. Ulenspiegel sagt: »Nein, ich hab daz nit allein getruncken, ich het ein Gast, der tranck auch mitt und der het kein Gelt, sunder er het gut Pfand, der sol die ander Halb bezalen.« Die Wirtin sagt: »Waz ist daz für ein Gast? Waz haben Ihr für ein Pfand?« Ulenspiegel sprach: »Da ist sein allerbester Rock, den er anhet«, und zoch das Hundsfel under dem Rock herfür und sprach: »Sehen, Wirtin, daz ist des Gasts Rock, der mit mir tranck.« Die Wirtin erschrack und sahe wol das, daz es ihres Hunds Fel waz, und ward zornig unnd sprach: »Das dir nimer Glück besche! Warumb hast du mir[237] meinen Hundt abgezogen?« und flucht. Ulenspiegel sprach: »Wirtin, das ist Euwer eigen Schuld, ick laß Uch fluchen. Ihr sagten mir selber, ich solt dem Hund inschencken, und ich sagt, der Gast hat kein Gelt. Ihr wolten ihm nit borgen, Ihr wolten Gelt oder Pfand haben. So het er kein Gelt und daz Bier must bezalt sein, so müst er den Rock zu Pfand lassen. Den nemen nun für sein Bier, den er getruncken hat.« Die Wirtin ward noch zorniger und hieß ihn uß dem Huß gon und solt darumb nimmer kumen. Ulenspiegel sagt: »Ich wil uß Euwerm Huß nit gon, ich wil daruß reiten«, und sattelt sein Pferd und reit zu der Thüren uß und sprach: »Wirtin, bewaren das Pfand so lang, das ich Euwer Gelt uberkum, und ich wil noch einß wider ungeladen kumen. Ist es dann, daz ich nit mit Euch trinck, so darff ich kein Bier bezalen.«

Quelle:
Ein kurtzweilig Lesen von Dil Ulenspiegel. Stuttgart 1978, S. 235-238.
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