I. Von Wechselbälgen oder Kiehlkröpffen.

Gleichwie der leidige Teuffel und abgesagte Menschen-Feind seine Boßheit auf vielerley Weise auslässet, so läßt sich solcher mehrmahl würcklich mercken, wie er seine Tücke an dem weiblichen Geschlecht, sonderheitlich an den armen Kindbetterinnen und derer zarten Leibes-Frucht, ausüben möchte: und strebt den Säuglingen sonderlichen nach, selbige zu fällen, weil er sich besorgen muß, daß ein oder das andere unter solchen seyn möchte, welches ihm seiner Zeit einen Abbruch und Stöhrung an seinem teuffelischen Reich thun mochte: Sonderlich greifft er diese Kindbetterinnen mit allerhand Schrecken, auch offt mit Schwermuth, an, raubet ihnen auch zu mehrmahlen die Kindlein von der Seite hinweg, und leget ihnen ein anders an derer Stelle, welche sodann Wechselbälg oder Kiehlkröpff genannt werden.1 Und solchen Wechsel-Raub[1] Raub begehet er gemeiniglich durch seine ergebene Zauberer oder Zauberinnen, welche er unsichtbar machet, und also in die Stuben oder Kammern hinein practiciret, wiewohl solche auch zuweilen den Kindbetterinnen zu Gesicht kommen und ihnen mancherley Plage anthun; sonderheitlich denen, die sich und ihr Kindlein nicht jedesmahl treulich dem Schirm und Schutz GOttes des Allmächtigen befehlen. Derohalben hoch nothwendig, daß sonderlich Kindbetterinnen durch ein eyfrig Gebet in ihrer Kindbetts-Zeit eine Schutz-Wehr bauen, und mit dem Läger der Heil. Engel umringen. Wie denn leider! zu bedauren, daß manche mehr sinnen, wie sie sich mit ihrem Kindlein prächtig aufputzen und prangen können, als dem hochnothigen H. Gebet nachsinnen.2 Und schreibt Er. Francisci aus Schererzeri Tractätlein von Gespenstern, wie einer Sechswöchnerin diese Awentheuer begegnet: In der Stuben, da sie ihr Kindbett hielte, schlieff eine gar alte Frau, welche auch kurtz hernach, durch den Tod, ihres Alters entladen wurde.3 Dieselbe ward, sowol mit innerlichen im Gewissen, als auch mit äusserlichen Versuchungen, von den Gespenstern jämmerlich geängstiget, also, daß sie gedachter Schererzius mit tröstlichem Zusprechen täglich aufrichten muste. Wie diese Wittib nun bisweilen an dem Leib und Gemüth einen Anfall ausgestanden, pflog sie dieser ihrer[2] beschwägerten Kindbetterin, als ihrer Hauß-Wirthin, eine Warnung zu geben, sie solte um Mitternacht ja nicht schlafen, sondern fleißig wachen, weil etwas kommen und ihr Kind wegraffen würde.

Nach etlichen Tagen ist ein Gespenst auf diese Kindbetterin wie eine schwere Last gefallen, und hat sich hin und wieder über sie geweltzet, hatte auch das Kind weggerissen, wenn es die Mutter nicht mit ihren Armen umfasset und vest gehalten. Hierauf hat sie sich, nach ausgestandenem Schröcken, sehr übel befunden, und an dem obern Leib eine schwere Kranckheit erlitten, die GOTT gleichwohl endlich gemindert.

Unterdeß hat man doch Exempel, daß der böse Geist seine Tücke, auf GOttes Verhängniß, würcklich ausgeführet, wo nehmlich das Liebe Gebet, als die eigentliche Wehr und Waffen darwider, nicht genugsam gebrauchet werden, daß alsdenn ein falsches Kind der Mutter an statt ihres weggeraubten Säuglings an die Stelle geleget worden. Wie mir denn ein schröcklich Exempel bekannt, so Anno 1673. da ich mich Studirens wegen in Padua aufgehalten, einer armen Bauers-Frau, unweit selbigen Orts, begegnet:4 solcher ist von einer alten sichtbarlichen Zauberin ihr Kind bey Mitternacht im Schlaff an der Brust ausgewechselt worden; als aber solche eben mit zur Thür hinaus wischen will, ist ihr der Kindbetterin Bruder, ein Geistlicher, in[3] der Stuben-Thür entgegen getreten: und als er das Kindlein schreyen gehöret, welches diese Zauberin alsobald auf den Boden niedergeleget, hebt es der Geistliche voller Schrecken auf, und trägt es seiner Schwester an das Bett: da er sie aber bey dem Nacht-Licht erblicket, siehet er, daß solche ein Kindlein schlafende an ihrer Brust säugete: wecket selbige auf, zündet ein Licht an, und befindet, daß das von ihm aufgehobene Kind mit dem saugenden einerley Gestalt, Wickelbinde und alles mit dem andern gleich hat worüber sie gewaltig erstaunet, und Mutter, Vater, Geistlicher noch Umstehende alle nicht wissen können, welches der Mutter ihr rechtes Kind sey.5 Und also hatte der Satan die Leut verblendet, daß sie solche nicht unterscheiden konten: Diese arme Eltern hielten bis an Morgen fleißig Wache, zeigeten solches hernach ihrem Geistlichen, welcher das Kind getaufft hatte, an, solcher ermangelte nicht, beyde zu segnen, und mit Weyh-Wasser zu besprengen, aber da wolte sich kein Unterscheid finden, noch ausweisen, ausser daß die Kindbetterin sagete, wie das eine so unmäßig saugete, daß das andere nichts vor selbigem in der Brust finden könte: woraus die Verständigsten schliessen wolten, daß solches das zugelegte Kind seyn müsse: worauf der Kindbetterin gerathen worden, demjenigen, so allzustarck saugete, die Brust zu entziehen, und solches[4] mit Wasser abspeisen, hingegen dem andern ihre Brust fleißig geben solte, so auch geschehen, worauf das verdächtige Kind Tag und Nacht geschryen. Endlich am 5ten Tag kommt ein ander benachbart altes Weib in die Stube, und wil der Kindbetterin ihr Leid klagen, erbietet sich auch, bey selbiger über Nacht zu wachen, und reichete nach dem verdächtigen Kind, man wolte aber solches von ihr nicht anrühren lassen, sondern schaffete solche, weil sie ohnedem sehr zerkratzt, auch braun und blau um die Augen ausgesehen, mit Manier wieder fort, und ließ selbige Nacht 2. bekannte Weiber bey der Kindbetterin, und weil beyde Kinder auch fein ruhig samt der Wöchnerin schliefen, waren selbige sonder Sorge: da aber die eine Frau, als die Kindbetterin erwachet, zu der Wiegen kommen, worin das schreyende Kind gelegen, war nichts mehr als s.h. die voller Unrath gemachete Windeln in der Wiegen anzutreffen: woraus jedermann schloß, daß dieses alte Weib, so Abends also zerkratzt, auch die Zauberin gewesen, welche der Satan also gezeichnet hatte, die hernach auch das unrechte Kind wieder weggetragen. Hierauf ist die Kindbetterin und Kindlein bis zu Ende ihrer 6.Wochen in guter Ruhe verblieben.

Wir wollen allhier nicht anführen, sondern in einem absonderlichen Capitel melden, was einige gelehrte Leute von Erzeugung[5] solcher Wechsel-Kinder geschrieben, und auf was Art dieselbe durch Vermischung mit dem Satan geschehen könte, sondern allhier etliche Exempel von solchen Kiehlkröpffen erzehlen.

Paulus Frisius Nagoldanus in seinem Bericht von Hexen und Unholden im 5. Punct schreibt:6 Zu Heßloch bey Odernheim im Gow gelegen, hat sichs auf eine Zeit zugetragen, daß ein Kellner, oder Hofmann gesessen, der sich mit seiner Köchin heimlich, und zwischen ihnen beyden also verlobt, weil sie sich nicht öffentlich verheyrathen dürfften, inmassen er ein Diener der Geistlichen war, so solte doch ihre Beywohnung eine Ehe seyn, und wolten sich auch nicht anders gegen einander verhalten, als Ehe-Leute: Und als sie ein Kindlein miteinander erzeuget, hat sie GOtt der HErr also heimgesuchet, daß er sie mit einem Wechsel-Kind gestrafft hat.7 Das hat nicht wollen wachsen, es hat nicht wollen zunehmen, es hat Tag und Nacht geheulet und geschryen, und immer gefressen. Endlich ist die Frau Raths worden, sie wolle ihr Kind gen Neuhausen auf die Cyriacks-Wiegen tragen, und wiegen lassen, und aus dem Cyriacks-Brunnen ihm zu trincken geben, so möchte es besser mit ihm werden; denn zu selbiger Zeit hatten die Leute einen grossen Glauben daran, so man ein Kind zu Neuhausen wiegen liesse, auf der grossen Cyriacks-Wiegen, das nicht gedeyhen[6] wolte, solte es sich gewißlich in 9. Tagen entweder zum Leben oder zum Tod verändern.8 Als sie nun zu Westhoven mit dem Kind in den Klawer kommen, unter welchem sie getragen, daß sie gekeucht und geschwitzt hat, also schwer ist es ihr worden, ist ihr ein fahrender Schüler begegnet, der hat zu ihr gesaget: Ey Fräulein, was traget ihr für einen Unflath, es wäre nicht Wunder, daß er euch den Halß eindruckte; hat sie geantwortet: Es wäre ihr liebes Kind, und wolte nicht gedeyhen oder zunehmen, und darum wolle sie es zu Neuhausen wiegen lassen. Er aber sprach: Es ist nicht euer Kind, sondern es ist der leibhaffte Teuffel, werfft den Schelmen in die Bach; Als sie aber nicht wolte, sondern immer darauf beharrete, es wäre ihr Kind, und küssete es, sprach er ferner: Euer Kind stehet daheim in der Stuben-Kammer hinter der Arcken in einer neuen Wiegen, diß ist der Teuffel, werfft den Unflath in die Bach: das hat sie mit Weinen und Heulen gethan. Und alsobald ist ein solch Geheul und Gemurmel unter derselben Brücken, so daselbst über die Bach gehet, als ob es ein Hauffen Wölffe und Bären wären, entstanden. Und als sie heimkommen, hat sie ihr Kindlein frisch und gesund in einer neuen Wiegen gefunden. Also hat GOtt der HErr ohne Zweiffel das Kindlein erhalten, die Zeit über als sie dem Teuffel[7] das Wechsel-Kind gesäuget hat. Vid. Hildebrand. pag. 108.

Folgende Geschicht wird ebenfalls von gedachtem Hildebrand, in Entdeckung der Zauberey p. 109. beschrieben, welche wahrhafftig geschehen seyn soll.9 Nahe bey Breßlau wohnete ein nahmhaffter Edelmann, der hatte im Sommer viel Heu und Krummet aufzumachen, darzu ihm dann seine Unterthanen fröhnen musten: Unter diesen ward auch beruffen eine Kindbetterin, so kaum 8. Tage im Kindbett gelegen; wie sie nun siehet, daß der Juncker ihrer nicht verschonen wolte, auch niemand hatte, den sie an ihrer Stelle senden konte, gehet sie und nimmet ihr Kindlein mit ihr hinaus, leget es auf ein Häufflein Gras, ging von ihm, und halff Heu machen.

Als sie nun etliche Stunden gearbeitet, und zu ihrem Kinde, dasselbe zu säugen, gehen will, siehet sie das Kind an, schreyet hefftig, schläget die Hände übern Kopff zusammen, und klaget männiglich, das wäre nicht ihr Kind: weil es so geitzig ihr die Milch entzöge und so unmenschlich heulete, so sie an ihrem Kinde nicht gewohnt wäre. Sie klagete solches dem Juncker, der sagte: Frau, wann euch bedünckt, daß diß nicht euer Kind, so thut eins, und traget es auf die Wiese, da ihr das vorige Kind hingeleget habt, und streicht es mit der Ruthe hefftig, so werdet ihr Wunder sehen.[8] Die Frau folgete solchem Rath, ging hinaus, und strich das Wechsel-Kind mit der Ruthen, davon es sehr geschryen hat, da brachte der Teuffel das gestohlne Kind wieder, und sprach: Da hasts, und mit dem nahm er sein Kind hinweg: Diese Geschicht ist lautbar, und bey Jungen und Alten derselben Gegenden um und in Breßlau kundig.

Bey Halberstadt (schreibt gemeldter) hat ein Mann auch einen Kiehlkropff gehabt, der nicht nur seine Mutter, sondern auch noch 5. andere Säugerinnen augesauget, und über das sehr viel gefressen und sich seltsam geberdet.10 Diesem Mann haben Leute den Rath gegeben, er solte das Kind zur Wallfahrt gen Hockelstadt zur Jungfrau Maria geloben, und daselbst wiegen lassen. Diesem folgt der Bauer und trägt ihn dahin in einem Korbe: wie er aber mit ihm über ein Wasser gehet, und auf dem Steg oder Brücke ist, so ist ein Teuffel unten im Wasser, der ruffet ihm zu und spricht: Kiehlkropff, Kiehlkropff, da antwortet das Kind so im Korbe saß, das vorher kein Wort geredet hatte, ho, ho; deß war der Bauer ungewohnt, und sehr erschrocken; darauf fraget der Teuffel im Wasser ferner: Wo wilt du hin? Der Kiehlkropff sagte: Ich will gen Hockelstadt zu unser lieben Frauen und mick allda laten wiegen, dat ick mög etwa diegen. Wie solches der Bauer hörete, daß das Wechselkind[9] reden konte, welches er zuvor nie von ihm vermercket, wird er zornig, und wirfft das Kind alsbald ins Wasser, mit dem Korb, darinn ers truge; da sind die zween Teuffel zusammen gefahren, haben geschryen: ho, ho, ha, mit einander gespielet, sich mit einander überworffen, und sind darnach sogleich verschwunden.11

Solche Wechselbälge oder Kiehlkröpffe supponir Satan in locum verorum filiorum und plaget die Leute damit: Denn diese Gewalt hat der Satan, daß er die Kinder auswechselt und einem für sein Kind einen Teuffel in die Wiege leget, das denn nicht gedeyhet, sondern nur frisset und sauget: Aber man saget, daß solche Kiehlkröpffe über 18. oder 19. Jahr nicht alt werden.

In Lutheri Tisch-Reden lieset man, vor (damahl) 8. Jahren war zu Dessau eins, das ich D. Martin Luther gesehen und angegriffen habe, welches 12. Jahr alt war:12 seine Augen und alle Sinne hatte, daß man meynete, es wäre ein recht Kind, dasselbe thät nichts, denn daß es nur fraß, und zwar so viel, als irgend 4. Bauren, oder Trescher. Es fraß, schiß und seichte: und wann man es angriff, so schrye es; wanns übel im Hauß zugieng, so lachte es, und war frölich, gieng es aber wohl zu, so weinete es, diese zwey Tugenden hatte es an sich, so sagte ich zu den Fürsten von[10] Anhalt: Wenn ich da Fürst oder Herr wäre, so wolte ich mit diesem Kind in das Wasser in die Molda, so bey Dessau fliest, und wolte das Homicidium daran wagen. Aber der Churfürst zu Sachsen, so mit zu Dessau war, und die Fürsten zu Anhalt, wolten mir nicht folgen, da sprach ich: So solten sie die Christen in der Kirchen ein Vater Unser beten lassen, daß der liebe GOtt den Teuffel hinweg nehme, das thät man täglich zu Dessau, so starb dasselbe Wechselkind im andern Jahr darnach.

Aus obangeregten Geschichten fället demnach die Frage für, ob denn solche Kiehlkröpffe oder Wechselbälge für rechte Menschen oder verlarvte Teuffel anzusehen? und ob sie ein rechter Cörper oder nur eine blosse Larve oder Gespenst wären?13 Und im Fall sie ein wahrer Cörper, woraus doch derselbe möge eigentlich erzeuget seyn?

Er. Francisci schreibt: Es ist kaum zu zweifflen, daß wo nicht allemahl, (denn man weiß, daß ein solches Wechselkind zuweilen auch wohl verschwunden sey) doch gleichwohl gemeiniglich die Kiehlkröpffe einen rechten cörperlichen Leib haben: angemerckt, manche derselben allmählig erkranckt, ausgedorret und gestorben sind; darzu man, des Exempels halben, sich nicht weit umsehen noch in die Ferne gehen dürffte. Dannenhero nicht zu läugnen, daß sie insgemein eine materialische Substantz[11] haben. Woher aber? das bleibe doch noch die unbeantwortete Frage.

Es vermuthen und sinnen etliche behutsame Theologi, der Satan verstelle nur die gestohlene Kinder mit einer lüstlichen Gestalt, (sonderlich, weil sie insgemein von Leibe hager und kurtz seyn, aber einen grossen dicken Kopff haben) und gebe ihnen ihr recht natürlich Kind wieder; aber darum so verstellt, daß sie es hassen sollten und beweget werden, ins Wasser zu werffen, oder zu verbrennen; und also an ihrem eigenen Fleisch einen Mord zu begehen.

Nun dürffte es bisweilen, aber gewißlich wunderselten, also damit ergehen; denn das widrige, nemlich, daß es das recht natürliche Kind nicht seye, stehet leicht darbey abzunehmen; weil er auf eifferiges Gebet offt gedrungen wird, das rechte wieder herbey zu schaffen, nachdem man ihm das falsche auf den Mist hinaus geworffen, oder von ihm selbst hingegen wieder gehohlt worden. Allermassen ein gewisser geistlicher Scribent im Zweiffel gestanden, ob der Teuffel nicht etwa die Eltern nur also verblende, daß sie ihr leiblich Kind für ein unnatürliches ansehen? welche Sorgfalt dann nicht allerdings zu verwerffen. Unterdessen fället doch vermuthlich, der Wechselbalg sey selten ein natürliches Kind. Wiewohl man doch auch nicht kecklich sagen darff, es sey ein blosses Gespenst oder nichts anders, als[12] der Teuffel; sondern lieber es für einen solchen Leib halten, den der Satan herbey gebracht und daselbst hinein gefahren.

Aber woraus sollte er denselben wohl zusammen richten? der Satan, sprechen etliche, kan gar leicht dasjenige, was etwa ein gottloser Mensch, ein Weichling nemlich, aus verdammter Sodomitischer Geilheit und Lust-Seuche, ausserhalb fleischlicher Vermischung, oder ehelicher Beywohnung von sich gelassen, nach einer von seiner leichtfertigen Vetteln, behende und aufs allerschnelleste übertragen und zu dem Ort der Empfängniß hinein parthieren: davon nachmahls, vielleicht auf GOttes Verhängniß, ein solcher Wechselbalg gebohren werde; welcher doch darum mit nichten ein Mensch, sondern, wofern er etwa in ihm selbst ein rechtes Leben habe, nichts anders als etwa ein Thier, oder etwas, so demselben ähnlich sey; Andere sagen, es werde bloß allein, aus dem weiblichen Saamen und Monats-Geblüt, etwas solches gebohren, welches der Satan an statt einer Seelen belebe, bewege, und dadurch rede. Ich will nicht dafür sprechen, daß solches nicht bisweilen geschehe; doch gleichwohl eben so wenig dafür halten: daß nicht offtmahl der Teuffel einen solchen Cörper nur aus einem Aas oder Schind-Leiche künstlich zusammen füge und darein fahre. Denn am allerseltsamsten wird es das rechte natürliche,[13] aber nur vom Teuffel unkanntlich gemachte Kind seyn. Jedoch begehre ich auch nicht zu läugnen, daß bisweilen eine solche blosse Verblendung vom bösen Geist gespielet werde.

Es gibt bisweilen Wechselbälge, die man nicht wohl anders, als für Teuffels-Bruten schätzen kan. Es mögen solchen nun gleich Teuffel aus einem Aas einen Cörper erkünstlen und darein fahren, oder sonst den Leuten die Augen verblenden, daß sie einen Leib zu sehen sich einbilden, da solches doch nichts anders, als vielleicht ein blosser Augen-Betrug ist.

Delrio lib. 2. Disquisit. Magic. quæst. 15. p. 180. erzehlt, daß ein solcher verstellter Teuffel müsse der Knab gewesen seyn, welchen seiner Zeit ein Bettler in Spanien durch Gallicien und Austurien, mit höchster Beschwer und Ermüdung auf den Schultern herum getragen; Als einsmahls ein Ordens-Mann diesen Wunder-schweren Buben unterweges an einem seichten Fluß angetroffen, und aus Mitleiden hinter sich auf sein Pferd genommen, mit äusserster Mühe und Krafft kaum durch das Fließ-Wasser hinüber tragen können: an jenseits Ufer bald hernach hat man den Bettler ergriffen, und hat derselbe bekannt, dieser sey kein rechter Knabe, sondern der Teuffel gewesen, welcher ihm versprochen hätte, er wolte alle Leute bewegen, ihm Allmosen zu[14] geben, so lang er ihn also in Gestalt eines krancken Knabens herum tragen würde.14

Wir wollen es allhier bewenden und fernerem Bedencken gelehrter Theologorum überlassen, indessen in folgendem von teufflischer Vermischung mit den Hexen ein weniges gedencken.

Marginalien

1 Wie der Teuffel die rechte Kinder verwechselt.


2 I. Geschicht.


3 Kindbetterin wird gewarnet.


4 II. Geschicht.

Ein Kind wird ausgewechselt / die Hex aber darbey betreten.


5 Wechselkind kan von dem rechten nicht unterschieden werden.


6 III. Geschicht.


7 Eigenschafften eines Wechsel-Kindes.


8 Soll zu Neuhaus in St. Cyriacus-Wiege geleget werden.


9 IV. Geschicht. Ein Kind wird einer Bäuerin auf dem Heumachen ausgewechselt.


10 V. Geschicht. Wechselbalg sauget 5. Weiber aus.


11 Wird ins Wasser geworffen.


12 VI. Geschicht.


13 Frage / ob solche Kiehlkröpffe rechte Menschen seyn.


14 Teuffel läßt sich in Kindes-Gestalt von einem Bettler herum tragen.


Quelle:
Bräuner, Johann Jacob: Physicalisch= und Historisch= Erörterte Curiositaeten. Frankfurth am Mayn 1737, S. 1-15.
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