CIX.

[216] Der ist ein Narr, dem es nicht frommt,

Wenn Unglück ihm zu Handen kommt,

Daß er sich weislich schicke drein:

Unglück will nicht verachtet sein.


Trotzdem daß das Boot schon leck ist und die Seile des Segels zerrissen sind, sucht der Narr doch seine Fahrt noch fortzusetzen.


Verachtung des Unheils.

Manchem ist nicht bei Unglück wohl,

Der dennoch darnach ringt wie toll,

Drum soll er es nicht haben Wunder,

Wenn ihm das Schiff zuletzt geht unter:

Denn ist auch Unglück etwa klein,

So kommt es selten doch allein,

Weil nach der Alten Spruch und Sage

Unglück und Haar wächst alle Tage.

Darum den Anfang man abwende,

Man weiß nicht, wohin neigt das Ende.

Wen auf das Meer hintreibt der Muth,

Bedarf wol Glück und Wetter gut;

Denn hinter sich fährt der geschwind,

Wer schiffen will mit Widerwind;

Ein Weiser mit Fahrwind segeln lehrt,

Ein Narr gar bald sein Schiff umkehrt.

Der Weise hält in seiner Hand

Das Ruder und fährt leicht zu Land;

Ein Narr versteht sich nicht aufs Lenken,

Drum wird er leicht das Schiff versenken.

Ein Weiser sich und Andre führt,

Ein Narr verdirbt, eh er es spürt.

Hätt' nicht gefügt in weise Lehre

Sich Alexander auf hohem Meere,

Das ihm sein Schiff warf auf die Seit',

Und sich gerichtet nach der Zeit:

Er würd' im Meer ertrunken sein,

Nicht todt geblieben an Gift im Wein.[217]

Pompejus hatte Ruhm und Ehre,

Als er gereiniget die Meere

Und die Seeräuber all vertrieben,

Und ist doch in Egypten blieben.

Wer Weisheit sowie Tugend fand,

Der schwimmet nackend wohl zum Land:

So spricht Sebastianus Brant.

Quelle:
Brant, Sebastian: Das Narrenschiff. Leipzig [1877], S. 216-218.
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Das Narrenschiff: Mit allen 114 Holzschnitten des Drucks Basel 1494
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