XLIII.

[77] Daß ich nur Zeitliches betrachte

Und auf das Ewige nicht achte,

Das schafft, weil mich ein Affe machte.


Ein Narr mit nackten Beinen hält eine Wage, in deren einer Schale der Sternenhimmel, in deren anderer eine Ritterburg befindlich ist. Das Zünglein neigt sich zu letzterer.


Verachtung ewiger Freude.

Ein Narr ist, wer sich rühmt mit Spott,

Daß er das Himmelreich ließ Gott,

Und wünscht nur, daß er leben mag

In Narrheit bis zum jüngsten Tag

Und bleiben mög' ein guter Gesell',

Fahr' er dann hin, wo Gott befehl'.

Ach Narr, gäb' es selbst Erdenfreud',

Die Tag und Nacht währt' ohne Leid,

Daß sie nicht würd' verbittert dir,

So möcht' ich denken doch in mir,

Daß du dir wünschest eine Sach',

Die närrisch ist und klein und schwach.

Denn der fürwahr als Thor sich brüstet,

Den hier die Läng' zu leben lüstet,

Wo nichts ist denn das Jammerthal:

Kurz Freud', lang Leid steckt überall.

Gedenken soll man wol dabei,

Daß hier kein bleibend Wesen sei,

Dieweil wir werden all gesandt

Von hinnen in ein fremdes Land.

Viel sind vorauf, uns ruft der Tod,

Wir müssen doch einst schauen Gott,

Es sei zur Freude oder Straf'.

Drum sage an, du thöricht Schaf,

Ob größre Narrn je war'n auf Erden,

Als die, so dies mit dir begehrten?

Du willst von Gotte scheiden dich

Und wirst dich scheiden ewiglich.

Ein Honigtröpflein dir gefällt,[78]

Und hast dort Galle ungezählt;

Einen Augenblick währt hier die Freud',

Dort ewig Freude sowie Leid.

Drum, wer mit Frevel treibt solch Wort,

Den irrt sein Anschlag hier und dort.

Quelle:
Brant, Sebastian: Das Narrenschiff. Leipzig [1877], S. 77-79.
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Das Narrenschiff (Ausgabe 1877)
Das Narrenschiff
Das Narrenschiff: Mit allen 114 Holzschnitten des Drucks Basel 1494
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Das Narrenschiff: Nach der Erstausgabe (Basel 1494) mit den Zusätzen der Ausgaben von 1495 und 1499 sowie den Holzschnitten der deutschen Originalausgaben (Neudrucke Deutscher Literaturwerke)
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