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[103] Wer löschen will eines Andern Feuer
Und brennen läßt die eigne Scheuer,
Der ist gut auf der Narrenleyer.
Einen Narren, der ein fremdes Haus löscht, zieht ein andrer zurück um ihm zu zeigen, daß sein eigenes und zwar heftiger brennt.
Wer große Müh' und Ungemach
Erträgt und läuft dem Fremden nach,
Sucht, wie er Andern Nutzen schaffe,
Der ist mehr als ein Andrer – Affe,
Wenn er nicht in der eignen Sache
Schaut, daß er fleißig sei und wache.
Der Narren Büchlein billig liest,
Wer weis ist und – sein selbst vergißt.
Wer rechte Liebe will gewinnen,
Der soll bei sich zuerst beginnen,
Wie auch Terentius ermahnt:
»Ich bin mir allernächst verwandt!«
Ein Jeder schau auf seine Schanze,
Bevor er sorg', wie ein Andrer tanze.
Der will verderben, sobald es geht,
Wer Andern schneidet und sich nicht sät
Und wer eines Andern Kleid in Eile
Fein säubert und sich beschmutzt die Weile.
Wer löschen will eines Andern Haus,
Wenn ihm die Flamm' schlägt oben aus
Und seines brennt mit aller Macht,
Hat seines Nutzens wenig Acht.
Wer eines Andern Kahn zieht vor
Und hindert sich, – der ist ein Thor.
Will einer fremde Sachen laden
Und sich versäumen, der hab' Schaden.
Wer darin Ueberredung leidet,[104]
Was Schaden ihm und Spott bereitet,
Der kann die Länge sich nicht wehren:
Der Narr erwischt ihn bei den Gêren,
Und wird ihn Witz mit Schaden lehren.
Dem liegt der Tod am schwersten an,
Der sonst erkannte Jedermann,
Doch wenn er nun sein Ende fand,
Sich selbst noch niemals hatt' erkannt.
Ausgewählte Ausgaben von
Das Narrenschiff (Ausgabe 1877)
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