LIX.

[105] Wer Dienst begehret alle Tage,

Ob er auch Dank und Lohn versage,

Ist werth, daß ihn die Pritsche schlage.


Ein Narr scheint einen Weisen um einen Dienst anzugehn; ein Vorüberlaufender schlägt ihn mit einer Pritsche.


Von Undankbarkeit.

Der ist ein Narr, wer viel begehrt

Und nicht thut, was der Ehre werth,

Und macht dem Müh' und Arbeit viel,

Dem er doch wenig lohnen will.

Wer einer Sach' will haben Gewinn,

Der setzt auch billig in seinen Sinn,

Daß er die Kosten wende an,

Will anders er mit Ehren stahn.

Gar selten in seinem Wesen bleibt

Ein müd' Roß, das man übertreibt.

Ein willig Roß wird stätig bald

Durch seines Futters Vorenthalt.

Wer einem viel zumuthet zwar,

Doch lohnt ihm nicht, der ist ein Narr.

Und wer nicht schätzen mag für gut,

Was man um billigen Lohn ihm thut,

Der darf zu Zeiten nicht beklagen,

Will man die Arbeit ihm versagen;

Den soll man mit der Pritsche schlagen.[105]

Weß einer will, daß er genieße,

Der schau', daß er auch wiederschieße.

Undankbarkeit nimmt bösen Lohn,

Sie macht den Brunnen Wassers ohn.

Aus alter Pump' nicht Wasser fließt,

Wenn man kein Wasser darein gießt.

Ein Thürenangel balde quiert,

Wenn man ihn nicht mit Oele schmiert.

Unwürdig man dem Großes schenkt,

Wer an das Kleine nicht gedenkt;

Und dem versagt man alle Gabe,

Der für die kleine weiß kein Lob;

Denn der ist ohne Sinn und grob.

Drum nie der Weisen Lieb' empfand,

Wer undankbar je ward erkannt.

Quelle:
Brant, Sebastian: Das Narrenschiff. Leipzig [1877], S. 105-106.
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