LXXX.

[150] Ich bin gelaufen fern und weit,

Das Fläschlein war nie leer die Zeit;

Dies Brieflein, Narrn, ist Euch geweiht.


Am Strand ein Narr als Bote mit dem Spieß im Arm. Das Baseler Wappen auf Hut und Mantel. Er trinkt aus einer Flasche und zeigt einen Brief vor, während das Schiff schon davonfährt, dem seine Botschaft bestimmt war.


Närrische Botschaft.

Wenn ich der Boten auch vergäße

Und ihnen Thorheit nicht zumäße,

Sie mahnten mich wol selber dran.

Den Narrn gebührt ein Botenmann,

Der trag' im Mund, und sei nicht laß,

Ein Brieflein, daß es nicht werd' naß,[150]

Geh säuberlich wie auf dem Dache,

Damit das Ziegelwerk nicht krache,

Und luge, daß ihm nicht zur Last

Mehr wird, als du befohlen hast;

Er wisse, was ihm aufgetragen,

Vor Wein bald nicht mehr aufzusagen

Und halt' sich unterwegs lang auf,

Daß Mancher kreuze seinen Lauf;

Er acht' auf Zehrung in der Nähe,

Die Briefe dreimal er umdrehe,

Ob er erspähe, was er trage,

Und was er weiß, bald weiter sage,

Und Nachts die Tasch' leg' auf die Bank;

Hat er vom Wein dann einen Schwank,

So kommt er ohne Antwort wieder:

Das sind, so mein' ich, Narrenbrüder.

Sie laufen dem Narrenschiffe nach

Und finden's zwischen hier und Aach;

Doch sollen sie sich deß vermessen

Und ihres Fläschleins nicht vergessen,

Denn ihre Leber, ihr Geschirr

Wird ihnen vom Laufen und Lügen dürr.

Doch wie der Schnee uns Kühlung leiht,

Wenn man ihn trifft zur Sommerszeit,

Also ein treuer Bot' erquickt

Den, welcher ihn hat ausgeschickt.

Der Bot' ist Lob und Ehre werth,

Der bald bestellt, was man begehrt.

Quelle:
Brant, Sebastian: Das Narrenschiff. Leipzig [1877], S. 150-151.
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Das Narrenschiff (Ausgabe 1877)
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Das Narrenschiff: Mit allen 114 Holzschnitten des Drucks Basel 1494
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