[73.]

[185] Mancher der steltt noch geistlicheyt

Der an důt pfaffen / klosterkleyt

Den es berüwt / vnd würt jm leyt


73. Von geystlich werde

Von geystlich werdē.

Noch hat man anders yetz gelert

Das ouch jnns narrenschiff gehört

Des důt sich bruchen yederman

Jeder buwr / will eyn pfaffen han

Der sich mit müssig gan erner

On arbeit leb / vnd syg eyn her

Nit das er das tüg von andacht

Oder vff selen heil hab acht[186]

Sunder das er mög han eyn herren

Der all syn gschwister mög erneren /

Vnd loßt jn wenig dar zů leren /

Man spricht / er mag licht dar zů künnen

Er darff noch grösser kunst nit synnen

Echt er eyn pfrůnden kan gewynnen /

Vnd wigt / priesterschafft so gering

Als ob es sy eyn lychtes ding

Des fyndt man yetz vil junger pfaffen

Die als vil künnen als die affen

Vnd nement doch selsorg vff sich

Do man kum eym vertruwt eyn vich

Wissen als vil von kyrchregyeren

Alls müllers esel kan qwintyeren

Die Byschöf die sint schuldig dran

Sie solttents nit zům orden lan

Vnd zů selsorgen vor vß nüt

Es werent dann gantz dapferlüt

Das eyner wer eyn wiser hyrt

Der nit syn schof mit jm verfürt

Aber yetz wänen die jungen laffen

Wann sie alleyn ouch werent pfaffen

So hett jr yeder was er wolt

Es ist für war nit alles golt

Das an dem sattel ettwan glysßt

Mancher die hend dar an beschysßt

Vnd loßt sich jung zů priester wyhen

Der dann sich selb důt maledyen

Das er nit lenger gbeitet hat

Der selben mancher bättlen gat

Hett er eyn rechte pfrůnd gehan

Ee er die priesterschafft nam an /

Es wer jm dar zů kumen nitt

Vil wyht man / durch der herren bytt

Oder vff diß / vnd jhenes disch

Dar ab er doch ysßt wenig visch /

Man lehnet brief eynander ab

Do mit / das man eyn tyttel hab[187]

Vnd wänen den bischoff betriegen

So sy mit jrm verderben lyegen

Keyn ärmer vych vff erden ist

Dann priesterschafft den narung gbrist

Sie hant sunst abzüg vberal

Bischof / Vicary / vnd Fiscal

Den lähenherrn / syn eygen fründ

Die kelleryn / vnd kleyne kynd

Die geben jm erst rechte büff

Das er kum jnn das narrenschyff

Vnd do mit aller freüd vergeß /

Ach gott / es halttet mancher meß

Do weger wer er lyeß dar von

Vnd růrt den altter nyemer an

Dann gott acht vnsers opfers nycht

Das jn sünden / mit sünden gschicht

Zů Moysi / sprach got der herr

Eyn yedes thier / das mach sich verr

Vnd rür den heyligen berg nit an

Das es nit grosse plag müß han /

Oza der angerüret hett

Die arch / des starb er an der stett /

Chore das wyhrouch vaß růrt an /

Vnd starb / Dathan vnd Abyron /

Das gwihte fleisch schmeckt māchē wol

Der wermt sich gern by kloster kol

Dem doch zů letst würt für vnd glůt

Verstanden lüten ist predigen gůt /

Man stosßt manch kynd yetz jn eyn ordē

Ee es ist zů eym menschen worden

Vnd es verstand / ob das jm sy

Gut oder schad / stäckt es jm bry

Wie wol gůt gwonheit bringet vil

Ruwt es doch manches vnder wile

Die dann verflůchen all jr fründt

Die vrsach solches ordens syndt

Gar wenig yetz jnn klöster gont

In solcher ällt / das sie es verstont[188]

Oder die durch gotts willen dar

Kumen / vnd nit mer durch jr nar

Vnd hant der geistlicheit nit acht

All ding důnt sie dann on andacht /

Vor vß jn allen örden gantz

Do man nit halttet obseruantz

Solch kloster katzen sint gar geyl

Das schafft / man byndt sy nyt an seyl /

Doch lychter wer keyn orden han

Dann nit recht důn / eym ordens man


Quelle:
Sebastian Brant: Das Narrenschiff, Basel 1494, S. 185-189.
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