Fünfte Scene.

[139] Schmaler Weg vor einer Kirchhofsmauer, deren Gitterthor an den Seiten angebracht ist, und über welche mehre Kreuze und Momente bezeichnend hervorragen, vom Mondlicht erhellt.


MEPHISTOPHELES als Schatten flüchtig herein.

Noch einmal warf ich mich mit ganzer Kraft

Dem stolzen Faust entgegen,

Dem kühnsten aller Erdengeister.

Zürn', Hölle! nicht, daß er sich mir entrafft

Für einen Augenblick; ich bring' ihn dir,

Noch heute bin ich seiner Seele Meister.

Schon wühlt in ihr des Grames Leidenschaft,[139]

Und ein Entschluß durchzuckt sie wild verwegen,

Der übergibt sie mir.

Ich riß sein ganzes Glück ihm nieder;

Dem jüngst an Kraft so überreichen Mann

Hab' ich vernichtet allen Lebensmuth;

In seinem armen Städtlein ist er wieder,

Wo er begann, wie er begann!

Daß er im Kreise um sich selbst gegangen,

Drob packt ihn der Verzweiflung Schwindel an,

Zum Herzen rückwärts strömt sein Blut

Und Sehnsucht nach dem Tod bleicht seine Wangen,

Sie wird die morsche Brust ihm brechen,

Wenn frommer Wehmuth Wahnwitz ihn beschleicht:

Sein Herz soll mich an seinem Kopfe rächen! –

Die Stätte seiner Schmach hat er erreicht,

Will er ans Tageslicht sich wagen,

Muß ihn der Bürger Hohn zu Boden schlagen.

Todt fand er seinen Vater, todt sein Haus,

Todt die Bewundrung seiner, todt

Ist all sein Hoffen, um ihn lebt nur Spott,

Den er nicht tragen kann, mit ihm ist's aus!

Und wie er jetzt schon einem Bettler gleicht,

Versteckt im Hause seines Famulus,

Der halb ihm seine karge Nahrung reicht,

Da er im tiefen Lebensüberdruß

All seine Zauberkraft belegt mit Fluch,

Vernichtet Alles hat, sogar sein Buch,[140]

Lossagend sich von meinen Mitteln allen:

So soll der Faust, – ich schwör' es, Satan, dir

Beim finstersten Geheimniß! – heut noch fallen;

Schon jauchzt die Hölle, fallen soll er mir!


Verschwindet.


Quelle:
Braun von Braunthal, [Karl Johann]: Faust. Eine Tragödie, Leipzig 1835, S. 139-141.
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