[Ach alles geht vorbei]

[363] Ach alles geht vorbei

Selbst dieser Unverstand

Den ich in einer wundersel'gen Stunde,

An einer Wand empfand

Hat nicht Bestand.


Ja alles geht vorbei,

Doch daß ich auferstand

Und wie ein Irrstern ewig sie umrunde,

Ein Geist den sie gebannt,

Das hat Bestand.


Ja alles geht vorbei,

Nur dieses mag'sche Band

Aus meines Wesens tiefstem Grunde

Zu ihrem Geist gespannt,

Das hat Bestand.


Ja alles geht vorbei

Doch ihrer Güte Pfand,

Jed Wort aus ihrem reinen lieben Munde

Folgt mir ins andre Land,

Und hat Bestand.


Ja alles geht vorbei,

Nur eines ist kein Tand,

Der Geist, der mir in diesem heil'gen Bunde

Vom Himmel ward gesandt,

Der hat Bestand.


Ja alles geht vorbei,

Doch Sie, die mich erkannt,

Den Harrenden, wildfremd an Ort und Stunde,[363]

Gieng nicht vorbei, sie stand

Reicht mir die Hand.


Ja alles geht vorbei,

Doch diese liebe Hand

Die ich in dunkler freudenheller Stunde

An meinem Herzen fand,

Die hat Bestand.


Ja alles geht vorbei,

Nur dieser heiße Brand,

In meiner Brust die bittre süße Wunde,

Die ihre Hand verband,

Die hat Bestand!


Quelle:
Clemens Brentano: Werke. Band 1, München [1963–1968], S. 363-364.
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