[338] O wie so oft
Hab' ich ein Zeichen erhofft,
Zogen
Sterne den schimmernden Bogen
Durch die himmlische Leere
Durch die himmlische Tiefe,
Daß ich der irdischen Schwere
Endlich auf immer entschliefe,
Aber der Morgen
Löschte die Sterne aus,
Weckte die Sorgen,
Weckte des Herzens Haus,
Und des Alltäglichen Macht
Zwang die Ahndung der Nacht.
O wie so viel
Nahte der Sehnsucht das Ziel
Sanken
Dürstende müde Gedanken
Hin an brennender Schwelle
Selig kühlender Ferne,
Ach da stürzte zum Herzen die Welle
Und das lachende Licht in die finsteren Sterne,
Aber die Ebbe
Kehrte, die Flut wich,
Heißer die Steppe
Umgürtet mit Glut mich,
Und den brennenden Pfeil
Mahnte das fliehende Ziel zur Eil'.
O wie so tief
Oft aus den Wogen mich's rief![338]
Fielen
Um nach den Sternen zu zielen
Tränen zu spiegelnden Seen
Die zwischen blumigten Wiesen,
Augen der Erde, aufsehen,
Himmlische Kinder zu grüßen.
Aber die Fläche
Ringelt, das Bild bricht,
Bittere Bäche
Rinnet so wild nicht!
Freudig ja springet ein Fisch,
Und ich mord' ihn, decke den Tisch.
O wie so rein
Wächst in der Schönheit der Schein,
Scheinet
Sie aus der Einfalt und einet
Recht in der lauteren Klarheit
Strahlen der himmlischen Güte
Zum sehenden sichtbaren Auge der Wahrheit,
Das das schaffet und selbst ist die Frucht und die Blüte
Aber die Dichter
Machen die Glieder zum Leibe gern
Schneiden Gesichter
In einen Kirschenkern
Traurig und lachend, o gebe
Lieber der Erde ihn, daß er lebe
Blütenvoll
Früchtevoll
Dir und den Deinen himmlischen Segen
Gebe
Auf irdischen Wegen.
Ausgewählte Ausgaben von
Ausgewählte Gedichte
|
Buchempfehlung
Der Waldbrunnen »Ich habe zu zwei verschiedenen Malen ein Menschenbild gesehen, von dem ich jedes Mal glaubte, es sei das schönste, was es auf Erden gibt«, beginnt der Erzähler. Das erste Male war es seine Frau, beim zweiten Mal ein hübsches 17-jähriges Romamädchen auf einer Reise. Dann kommt aber alles ganz anders. Der Kuß von Sentze Rupert empfindet die ihm von seinem Vater als Frau vorgeschlagene Hiltiburg als kalt und hochmütig und verweigert die Eheschließung. Am Vorabend seines darauffolgenden Abschieds in den Krieg küsst ihn in der Dunkelheit eine Unbekannte, die er nicht vergessen kann. Wer ist die Schöne? Wird er sie wiedersehen?
58 Seiten, 4.80 Euro
Buchempfehlung
Im nach dem Wiener Kongress neugeordneten Europa entsteht seit 1815 große Literatur der Sehnsucht und der Melancholie. Die Schattenseiten der menschlichen Seele, Leidenschaft und die Hinwendung zum Religiösen sind die Themen der Spätromantik. Michael Holzinger hat elf große Erzählungen dieser Zeit zu diesem Leseband zusammengefasst.
430 Seiten, 19.80 Euro