Österreichs Adlergejauchze und Wappengruß in Krieg und Sieg

[278] 1813


Nun jauchze, mein Östreich!

Dein Adler steht auf,

Und streckt seine Schwingen

Zur Sonne hinauf,

Und wiegt seine Kronen

Und wieget sein Schwert,

Reichsapfel und Szepter,

Und das ist was wert.


Nun jauchze, mein Östreich!

Dein Adler zieht aus,

Blickt fest in die Sonne

Und machet sich kraus,

Und schüttelt den Fittich

Und mißt seinen Feind,

Und grüßet die Freunde

Und gut ist's gemeint.


Nun jauchze, mein Östreich!

Dein Adler jauchzt auch;[278]

Ihn grüßet sein Bruder

Aus Flammen und Rauch,

Der russische Phönix

Verjüngt in dem Brand

Der heiligen Moskau,

Reicht stark ihm die Hand.


Nun jauchze, mein Östreich!

Dein Adler kühn schaut,

Und grüßt seinen Bruder

Den Preußen vertraut.

Willkomm, Hohenzollern,

Du bist mir ein Aar,

So brav als in Habsburg

Wohl einer je war.


Nun jauchze, mein Östreich!

Drei Adler sind eins,

Und geben ein Zeugnis,

Zum Schrecken des Feinds,

O bleibt treu und einig,

Ihr Säulen der Zeit,

Die heilige Dreizahl

Wird niemals entzweit.


Nun jauchze, mein Östreich!

Dem Adler zum Streit

Sind schwedische Löwen

Und Herzen Geleit;

Sie führt ein gekrönter,

Ein herzhafter Held,

Steckt Fahnen des Sieges

Hinaus in die Welt.


Nun jauchze, mein Östreich!

Dein Adler schwebt auf,

Von spanischen Türmen

Brülln Löwen im Lauf[279]

Hoch auf den Pyrenäen,

Und springen voll Lust,

Dich wieder zu sehen,

Dem Feind an die Brust.


Nun jauchze, mein Östreich!

Dein Adler vergnügt

Dem brittischen Einhorn

Auf der Waffe sich wiegt.

Sein Haupt legt das Einhorn

Der Jungfrau zum Schoß,

Und macht die Europa

Vom Talisman los.


Nun jauchze, mein Östreich!

Dein Adler weit spannt

Den Flug vor der Sonne

Und schattet ins Land,

Und bald ward auch darum

Der rheinische Bund

Sub umbra alarum

Tuarum gesund.


Nun jauchze, mein Östreich!

Dein Adlerflug klingt;

Der bayrische Löwe

Sein deutsches Schwert schwingt;

Und Schwaben und Franken

Und Baden stehn treu,

Der Sieg soll euch danken,

Mein Deutschland wird neu!


Nun jauchze, mein Östreich!

Dein Adler froh lacht,

Die sieben Provinzen,

Sind herrlich erwacht.

Herr Gott wir dich loben,

Singt jubelnd Holland,[280]

Und Orange boven

Ertönet der Strand.


Nun jauchze, mein Östreich!

Dein Adler erquickt

Den Fittich im Meer schon,

Schon brauset entzückt

Und brandet die Woge.

Frei grüßt schon Triest

Die siegvollen Segel

Von Süd, Ost und West.


Nun jauchze, mein Östreich!

Dein Adlerflug tönt,

Hoch jauchzet der Rhein auf,

Und Deutschland versöhnt

Schickt freudige Rächer.

Am Bacchus-Altar

Leert sühnend den Becher

Die siegende Schar.


Nun jauchze, mein Östreich!

Dein Adler entzückt

Den Adler der Deutschen

Am Himmel erblickt,

Der tauchet die Flügel

In goldenen Wein,

Da klirren die Fesseln

Und stürzen zum Rhein.


Nun jauchze, mein Östreich!

Dein Adler nun trinkt,

Gesundheit ihr Helden,

Der Siegskelch erklingt!

Sieg Östreich! Sieg Reuße!

Sieg England! Sieg Schwed'!

Sieg Deutschland! Sieg Preuße!

Sieg Schwert! Sieg Gebet!


Quelle:
Clemens Brentano: Werke. Band 1, München [1963–1968], S. 278-281.
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