7. April 1834

[532] Süßer Trost in heißen Stunden,

Da die Liebste, die mir lebt,

Zitternd vor mir stand in Wunden

Und doch nicht vor mir erbebt.[532]


Da sie mir mit heißem Flehen,

Der demütig sie umfieng,

Wahr ins bange Aug' gesehen,

Daß mir's durch die Seele gieng.


Und ich fleht', ach mir alleine

Rechne diese Glut nicht an,

Deine Flamme war die meine,

Beide faßte uns der Wahn.


Süßes Kind, in deinen Wunden

Bist du so unendlich schön,

All mein Schmerz muß da gesunden

Wie in sel'gem Wiedersehn.


Alles, was da je geschieden,

Ewig innig sich erkennt,

Und ein wonnetrunkner Frieden

Mir im Herzen jauchzt und brennt.


Schließest Lippen du und Augen,

Wird ein Feuerblick dein Leib,

Wird dein Mund ein Feuerhauchen,

Wirst du schöner als ein Weib.


Hungern kann ich, harren, missen,

Doch, dich hingegeben sehn,

Und bedecken nicht mit Küssen

Müßt' ich kalt im Feuer stehn.


Du bist wahr, wie nie im Leben

Wahrheit mir entgegentrat,

Und so wirst du mir vergeben,

Was dir selbst entgegentrat.


Soll ich arm mein Elend bauen,

Dann hab' Mitleid und gib mehr,

Gib mir kindliches Vertrauen

Dann wird alles leicht, was schwer.[533]


Aus der Ferne schon gib Winke,

Mahnt das Herz in deiner Brust,

Daß ich trinkend nicht ertrinke

Gib mir Innigkeit statt Lust.


Kind, wie auch der Blitz der Wonne

Mich an deiner Brust durchzückt,

Schrei' ich doch nach einer Sonne,

Die dein Blick mir hart entrückt.


Und ich fleh' zum blühnden Munde:

Sprich doch:

»Armer, schone mein!

Soll sie heilen deine Wunde,

Halte meine Hand auch rein!


Gütig will ich zu dir blicken,

Will dich tragen in Geduld,

Will dir freundlich kindlich nicken,

Kühlen dich mit meiner Huld!


Ach! vielmehr noch will ich geben,

Armes mir verfallnes Herz!

Täglich soll dich rein durchbeben

Meine Freude und mein Schmerz!


Laß uns sein doch wie die Kinder,

Gütig, heiter, süß und rein,

Dann will dir ich immer linder

Deine arme Linder sein.


Willst du still in meinem Garten

Blumen dir und Heilkraut baun,

Mußt du auch der Beete warten,

Brechen nie den schwachen Zaun.


Willst du Rosenpfade bahnen,

So verblute nicht im Dorn,[534]

Um die lockenden Zyanen

Tritt mit Füßen nicht dein Korn.


Sei fein still, in mir gefangen

Stirbst du nicht den Hungertod

Ich bin lind, du sollst empfangen,

Süße Blumen, reines Brot.


Hüte mir, ich will dir hüten,

Dieses feuertrunkne Blut

Bittre Frucht nach süßen Blüten

Wächst auf ungerechtem Gut.


Glaube fest doch an mein Wissen

Auch ich glaube, daß du weißt

Daß dich meine Reu' zerrissen,

Deine Reue mich zerreißt.


Wie soll ich dein Herz je nehmen,

Das du mir so flehend bringst,

Da die Hände mit Beschämen

Du mir vor die Augen zwingst.


Willst du je mein Herz umfassen

Mit der Liebe Blütenreis,

Willst du nie es fallen lassen

Mach es nicht so glühend heiß.


Armer Freund, ach meine Gluten,

Sind nicht deines Herzens Glut,

Diese süß entflammten Fluten

Sind mein leicht entzündlich Blut.


Hüt' mein Feuer, hüt' die Flammen,

Denn dies freie Element

Schmilzt dir nimmermehr zusammen

Was zur Asche es verbrennt.[535]


Wärme dich in meiner Sonne

Kühle dich in meinem Mond,

Trinke meiner Sterne Wonne

Der auf meiner Erde wohnt.


Alle Blumen, süß und reine

Die ich treibe auf zum Licht

Tränk' mit Tränen, bis auf eine

Da dein Herz in Liebe bricht.«


Also fleht' ich, mögst du sprechen,

Wahrheit! du hast mir genickt

Und der will dein Wort nicht brechen

Wahrheit den du angeblickt.


Quelle:
Clemens Brentano: Werke. Band 1, München [1963–1968], S. 532-536.
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