Am dreiundzwanzigsten Sonntage nach Pfingsten

[488] Matthäus 9, 18


Sieh! Jairus naht gequälet,

Beuget vor dem Herrn sein Knie:

»Meine Tochter, jetzt entseelet,

Lebt, legst du die Hand auf sie.«


Jesus folgt; der Glaube führte

Her ein schamhaft krankes Weib.

Wenn ich seinen Saum berührte,

Glaubt sie, dann genest mein Leib.


Sie berührt ihn, – er sich wendet:

»Tochter, habe Trost, zur Stund'

Half dein Glaube dir.« Geendet

War ihr Weh, sie war gesund.


Zu den Pfeifern, dem Gedränge,

Sagt er: »Weicht vom Sterbehaus,

Denn sie schläft nur.« Und die Menge

Lachte unsern Herrn da aus.


Als das Volk hinweggegangen,

Ging er ein, nahm bei der Hand

Die Verstorbne, Heil empfangen

Hat sie, die da auferstand.[488]


Und verkündet ward das Wunder:

»Heil macht seines Mantels Saum!«

Herr, mach unsern Glauben munter!

Glauben macht den Tod zum Traum.


Quelle:
Clemens Brentano: Werke. Band 1, München [1963–1968], S. 488-489.
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