|
[30] Guitarre
Wache auf, Du süßes Lied,
Öffne Deine goldnen Augen;
Mondschein still herniedersieht.[30]
Leise, kühle Lüfte hauchen
Durch die tiefe dunkle Nacht.
Lasse Deinen hellen Blick,
Leuchtend, durch die Schatten schweben;
Antwort kehret bald zurück,
Wenn des Echos Wechselleben
Hallend an dem Fels erwacht.
Sag', wo willst Du hin?
Soll ich Dich begleiten,
Durch die Dunkelheiten
Deine Schritte leiten?
Soll ich stiller Liebe
Deinen düstern Sinn
Freundlich deuten?
Willst Du Deine Triebe
Durch den Abend singen;
Oder höher,
Immer höher
Zu den Sternen klingen?
Laß Dich traulich umschlingen;
Sprich Deine Worte
In meine Akkorde.
Lied
O, welch nächtlich banges Rauschen;
Ob sie wohl am Fenster stehet,
Oder an der kleinen Pforte,
Meine Töne zu belauschen;
Oder durch den Abend gehet.
Guitarre
Mädchen, höre seine Worte!
Mädchen, lieb Mädchen erscheine,
Sieh vom Fenster nieder;
Laß das Lied
Nicht so alleine.[31]
Ach, der helle Schimmer
Bald verglüht,
Kehret nimmer,
Nimmer wieder.
Lied
Nimmer, nimmer wiedersehen!
Stille Liebe, süße Blicke,
All die Töne, all die Lieder
In der kühlen Nacht verwehen;
Nimmer kehren sie zurücke.
Guitarre
Ach, das Mädchen sieht nicht nieder;
Von den Saiten schwingen
Sich die Töne durch die Nacht,
Worte irren und verklingen –
Wo die Liebe nicht wacht,
Ist alles leer,
Kein Freuen mehr.
Lied
Alles leer, und nimmer freuen,
Kaum im Herzen aufgeblühet,
Ist das Leben schon so schwer.
Muß ich mich dem Tode weihen,
Der mich langsam abwärts ziehet.
Guitarre
Ist denn keine Wiederkehr?
Ist die Liebe hingetragen
In den stummen Tod?
Ist sie nirgends zu erfragen;
Ist sie in dem Abendrot,[32]
Mit den andern Funken,
Hinabgesunken?
Lied
Alle Lichter bald versinken;
Alle Töne stumm ersterben;
Nur allein, wer liebetrunken,
Liebe sieht im Auge blinken,
Der kann nimmermehr verderben.
Guitarre
Ist die Liebe Dir versunken,
O, so wende,
Schnell behende,
Zum Himmel die Blicke,
Laß die untreue Erde zurücke.
Hinauf ins helle Getümmel,
In der Sterne froh Gewimmel!
Oben am Himmelszelt
Kein Echo Dich gefesselt hält.
Im hohen Wolkensaal,
Da sind Liebesblicke,
Und freudiges Hallen
Hörst Du zurücke,
In Tönen ohne Zahl,
Dir wieder schallen.
Lied
Aller Himmel bald verschwindet,
Alle Sterne bald vergehen,
Alle Töne niederfallen;
Denn allein ihr Blick entzündet
All das Licht in Himmelshöhen.
[33] Guitarre
Nun so laß uns abwärts wallen.
Bebe nicht,
Der Weg ist so tief,
Ohne Licht.
Manch Lied schon so entschlief;
Kannst Du in den Himmelsseen
Keine Freiheit mehr ersehen,
In den fernen
Goldnen Sternen,
Die wie Blumen drinnen brennen.
Keinen Frühling mehr erkennen.
So will ich Dich führen auf stillen Wegen;
In den Busen, wie ins Grab,
Dein Gebete,
Deine süße Rede
Traurig niederlegen.
Blicke nieder
Ohne Wehe,
Vergehe,
Kehre heller wieder.
Lied
Ach, mit tiefen, tiefen Wehen
Kehre ich ins Herz zurücke,
Sink' ich in die Tiefe nieder,
Und das Herz muß nun vergehen,
Weil ich's mit Gewalt zerdrücke.
Guitarre
Ach, so sterben alle Lieder,
Die so lange
Liebe suchen in dem Weibe.
Liebe, nein, die währt nicht lange,
Dient dem Leibe[34]
Bloß zum süßen Zeitvertreibe.
Ist die Zeit vertrieben,
Wo ist die Liebe geblieben?
Mit den Sinnen
Muß man die Liebe
Wild umspinnen;
Da ist Leben,
Wiedergeben
Zu gewinnen.
Lied
Laß, o laß mich ruhig sterben,
Drücke mir die Augen zu;
Laß mich glaubend still zerrinnen,
Soll ich zweifelnd denn verderben?
Gieb im Tode mir nur Ruh'.
Guitarre
Gehe hoffend still von hinnen,
Schlummre sanft Du süßes Lied;
Schließe Deine goldnen Augen,
Mondschein ist schon abgeblüht.
Leise Lüfte Dich verhauchen,
Kühler Morgen schon erwacht.
Lasse Deinen trüben Blick
Stille zu den Schatten schweben,
Sehne nimmer Dich zurück;
Denn der Liebe Wechselleben
Ist verhallt in tiefer Nacht. –
Ach, wo bist Du hin?
Konnt' Dich nicht begleiten,
Durch die Dunkelheiten
Deinen Schritt nicht leiten;
Konnt' nicht stiller Liebe
Deinen düstern Sinn
Freundlich deuten?[35]
Konntest nicht Deine Triebe
Durch den Abend singen;
Auch nicht höher,
Immer höher
Zu den Sternen klingen;
Mußte Dich traurig umschlingen –
Schlummert freundlich
Ihr letzten Worte,
Im letzten Akkorde.
Ausgewählte Ausgaben von
Ausgewählte Gedichte
|
Buchempfehlung
Im Dreißigjährigen Krieg bejubeln die deutschen Protestanten den Schwedenkönig Gustav Adolf. Leubelfing schwärmt geradezu für ihn und schafft es endlich, als Page in seine persönlichen Dienste zu treten. Was niemand ahnt: sie ist ein Mädchen.
42 Seiten, 3.80 Euro
Buchempfehlung
Im nach dem Wiener Kongress neugeordneten Europa entsteht seit 1815 große Literatur der Sehnsucht und der Melancholie. Die Schattenseiten der menschlichen Seele, Leidenschaft und die Hinwendung zum Religiösen sind die Themen der Spätromantik. Michael Holzinger hat elf große Erzählungen dieser Zeit zu diesem Leseband zusammengefasst.
430 Seiten, 19.80 Euro