Tiroler Wetter und Barometter beim Aufstand gegen die Franzosen

[291] Treibt mit der Ofengabel

Die Natur nur hinaus,

Ihr seid's nit kumpabel,

Sie findt sich nach Haus.


Zur Frühe heut guckte

Mein Stutzen ich an,

Potz Schlakri, da zuckte

Von selber der Hahn.


Da wurd' mir's ganz schwüli,

Ich mach's Fenster glei auf,

Von Salzburg weht kühli

A Lüftli herauf.


Das reißt mir in der Stuben

Den Apoli von der Wand,

Und schmeißt ihn auf'n andern

Der unter ihm stand.


Es wollt' halt nit ruhen,

Es tät halt an Schlag,[291]

Daß hinter der Truhen

In Stücken er lag.


Französische Nägel

Sind weich wie a Dreck,

Kaum trifft sie der Schlegel,

So ist der Kopf weg.


Am Steierschen Kloben

Mei Stutzen fest hangt,

Der Wind tut dran toben,

Daß es hin und her schwankt.


Nu raus aus dem Kasten

Meim Franzl sei Porträt,

Sollst länger nit fasten,

Nu kommst du ans Brett.


Gleich unter meim Herrgott

Wo's gewaltig gut hangt,

Nu nehm' ich mein Stutzen,

Weil's zu mir verlangt.


Es sind heut die Mucken

Ganz toll aus der Weis',

Das Dach tut mich drucken,

Ich mach' mich auf die Reis'.


Es zeigt's der Kalender,

Es krähet's der Hahn,

Daß's Wetter sich änder',

Ich schau's an der Fahn.


Ich schau's an der Alpen

Da hangt so a Duft,

Am Grund streicht die Schwalben

Als hätt' sie kein Luft.[292]


Franzosen und Ferkel,

Wie wühlens' in der Erd,

Wie druckens' sich z'sammen,

Weil der Adler niederfährt.


Mein Dientl sein Katzen,

Die hat's am Geruch,

Sie leckt sich die Bratzen,

Es kommt halt Besuch.


Es ist a Gezwitzer

Es ist so a Zeit,

Im Schnee a Geblitzer,

Als wär 'der Adler nit weit.


Der Adler, der Kaiser,

Der gewaltig groß Freund,

Der Franzel, der Vater,

Der's gut mit uns meint.


Ich mein' halt, mei Himmel,

Ich mein' halt, mei Erd,

Ich mein' halt, das Landel

Dem Franzel gehört.


Ihr habt mir's gelaugnet

Mit Händ und mit Füß,

Doch hat mir's behauptet

Mei Stutzen für g'wiß.


Mein Stutzen ist wahrhaft,

Er fehlet mir nicht,

Er denkt, wie ich selber,

Sagt's jedem ins G'sicht.


Und wer ihm nicht glaubet,

Dem bringt er's halt bei,

Den Stein aufgeschraubet,

Mit Pulver und Blei.[293]


Französische Mucken,

Nu packt's euch hinaus,

Nu lüft' ich mit Pulver

Mei'm Kaiser sei Haus.


Ich schieß' nu den Vogel

Von der Herberg, ihr Leut',

Voll Flöh war sei Streuen,

Und doppelt sei Kreid'.


Potz Schlakri ihr Buben,

Nu werfet die Säu'

Hinab in die Gruben

Und hebt's a Geschrei.


Nu packt's euch nur außi,

Franzosen, Juchhe!

Nu mach' ich mich mausi,

Mein Adler ich seh',


Er ruft wie a Glocken

Zur heil'gen Kirchfahrt,

Schwebt blau, wie a Locken

Aus'm Herrgott sei'm Bart.


Auf d'Knie fallt's nu nieder,

Und danket's all Gott,

Er hilft uns schon wieder

Aus'm feindlichen Spott.


Nu außi die Stutzen

Und jaget's die Gäst,

Wir müssen ausputzen

Unserm Adler sei Nest.


Es gehört ja beim Schlakri,

Kein Pfau und kein Sau,

Kein Wiedhopf, kein Guckuck,

Im Adler sein Bau.[294]


Nu hussau nu hussau,

Nu pürscht sie hinaus,

Und stürzt auch a Gamsel,

So macht's euch nichts draus.


Wir haben unsre Sachen

Auf Treuheit gestellt,

Wir duzen den Herrgott,

Und Kaiser und d'Welt.


Wir tragen's Gewandel

Wir tragen den Hut,

Schon viel hundert Jahr lang,

Und sie halten sich gut.


Wir stehn auf den Hacken

So fest wie die Berg,

Und tragen auf'm Nacken

Die Zeit, wie an Zwerg.


Wir haben's getragen,

Wie en meisterlos Kind,

Nu aber wir schlagen

Ihr eins um den Grind.


Potz Schlakri ihr Buben

Dem Sandwirt sein Sohn,

Steht auch bei den Preußen,

Und giebt's kein Pardon.


Der Riedl und sei Bruder

Sind auch mit dabei,

Die greifen's von außi,

Und machen uns frei.


Gemalt auf der Dosen

Tragens' den Hofer im Sack,

Und bietens' den Franzosen

Schneeberger Tabak.[295]


O Hofer, mein Hofer,

Du gewaltiger Freund

Du bist nu im Himmel,

Wo die Sonn' runterscheint.


Sankt Jörg ist ein Ritter

Im englischen Heer,

Der hängt halt dein Stutzen

Nu neben sein Speer.


Du hast auch den Lindwurm

Gen den er sich g'setzt

Oft sakrisch im Landsturm

Zusammengefetzt.


O Hofer, mein Hofer

Sei unser Patron,

Leg' für uns a Bitt ein

Im himmlischen Thron.


Komm zu uns auf Urlaub,

Und hilf uns im Streit,

Und bring uns a Fahndel

Im Himmel geweiht.


Speckbacher, Speckbacher

Nu merken wir dich,

Du bist halt a Streiter,

Und kennst halt die Schlich,


Der Adler schon setzet

Auf'n Gletscher sich hin,

Den Schnabel er wetzet,

Da kommt die Lawin'.


Nu bückt's euch Franzosen,

Nu kömmt die Lawin',

Der Stoß kömmt von Moskau

Über Preußen und Wien.[296]


Und größer und größer

Kömmt's niedergebraust

Nu ludelt ihr Dienteln,

Daß's den Kindern nit graust.


Apoli, Apoli

Das Eis taut nu auf

Nu läuft dir halt 's Wasser

Auf d'Windmühl' hinauf.


Nu schickt's mit Faschinen

Den Wasserbaron,

Und laßt's ihn besprechen

Mit der Ehrenlegion.


Ganz anders läuft's Wasser,

Wo Gott drüber kreist

Als Wasser, wo der Hoffart

Das Geld hineinschmeißt.


Nu führt's Luminaten

Noch d'Welt hinters Licht,

Nu woll' auch Gott gnaden

's Laternel zerbricht.


Nu schickt's den Sterngucker

Den Allerweltsfreund

Und laßt's ihn taxieren,

Wie der Apolistern scheint.


Nu helfet's ihr Buben

Der Lawinen herab,

Französische Ruben

Ein tirolisches Grab.


Hinunter, hinunter

Wo's steil und wo's schmal,

Mit französischem Plunder

Vom Berg in das Tal.[297]


Die Wildwasser wälzen

Sie durch Distel und Dorn,

Es stürzen die Felsen

Sich drüber im Zorn.


Ein Engel ganz feurig

Steht drauf und ruft aus:

Gott ist kein Franzos nicht,

Drum schmeißt sie hinaus.


Ins heil'gen Gott's Namen

Mei Dientel gute Nacht,

Vater unser und Amen,

Daß es blitzet und kracht!


Quelle:
Clemens Brentano: Werke. Band 1, München [1963–1968], S. 291-298.
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