Siebenter Auftritt.

[14] Selim. Constanze.


SELIM. Immer noch traurig, geliebte Konstanze? immer in Thränen? – Sieh, dieser schöne[14] Abend, diese reizende Gegend, diese bezaubernde Musik, meine zärtliche Liebe für dich – Sag', kann nichts von allem dich endlich beruhigen, endlich dein Herz rühren? – Sieh, ich könnte befehlen, könnte grausam mit dir verfahren, dich zwingen –

Constanze seufzt.


SELIM. Aber nein, Konstanze; dir selbst will ich dein Herz zu danken haben – dir selbst –

CONSTANZE. Großmüthiger Mann! o daß ich es könnte! daß ichs erwiedern könnte – aber –

SELIM. Sag, Konstanze, sag, was hält dich zurück?

KONSTANZE. Du wirst mich hassen.

SELIM. Nein, ich schwöre dir's. Du weißt, wie sehr ich dich liebe, wie viel Freyheit ich dir vor allen meinen Weibern gestatte; dich wie meine Einzige schätze –

KONSTANZE. O so verzeih!


Ach, ich liebte,

War so glücklich,

Kannte nicht der Liebe Schmerz!

Schwur ihm Treue

Dem Geliebten,

Gab dahin mein ganzes Herz:[15]

Doch im Hui schwand meine Freude,

Trennung war mein banges Loos;

Und nun schwimmt mein Aug' in Thränen,

Kummer ruht in meinem Schoos.

Während des Gesanges geht der Bassa unwillig hin und her.


KONSTANZE. Ach, ich sagt' es wohl, du würdest mich hassen. Aber verzeih, verzeih dem liebekranken Mädchen! – du bist ja so großmüthig, so gut – Ich will dir dienen, deine Sklavin seyn, bis ans Ende meines Lebens: nur verlange nicht ein Herz von mir, das auf ewig versagt ist. –

SELIM. Ha, Undankbare! Was wagst du zu bitten?

KONSTANZE. Tödte mich, Selim, tödte mich! nur zwinge mich nicht, meineidig zu werden. – Noch zuletzt, wie mich der Seeräuber aus den Armen meines Geliebten riß, schwur ich aufs feyerlichste –

SELIM. Halt ein! nicht ein Wort! Reize meinen Zorn nicht noch mehr. Bedenke, daß du in meiner Gewalt bist –

KONSTANZE. Ich bin es: aber du wirst dich ihrer nicht bedienen, ich kenne dein gutes, dein mitleidvolles[16] Herz. Hätte ichs sonst wagen können, dir das meinige zu entdecken? –

SELIM. Wag' es nicht, meine Güte zu mißbrauchen –

KONSTANZE. Nur Aufschub gönne mir, Herr! Nur Zeit, meinen Schmerz zu vergessen –

SELIM. Wie oft schon gewährt' ich dir diese Bitte –

KONSTANZE. Nur noch dis Mal!

SELIM. Es sey! zum lezten Male! – Geh, Konstanze, geh! Besinne dich eines Bessern, und Morgen –

KONSTANZE im Abgehn. Unglückliches Mädchen! O Belmonte, Belmonte!


Quelle:
Johann André: Belmont und Constanze, oder: Die Entführung aus dem Serail. Leipzig 1781, S. 14-17.
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