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[69] 102. An Letty Keßler
Du bist mein liebes, gutes Mädchen!
Drum sollst Du auch mit in's Bäckerlädchen! –
He! Meister Jost! Nun back' Er mir
Für dieses kleine Madamche hier
Mal Katzepfote, die nicht kratzen,
Nebst gut verzuckerten Bärentatzen;
Ohrfeigen nennt man sie wohl auch;
Nicht wie sie bei bösen Menschen Gebrauch,
Nein! solche, wie sie ungekränkt
Ein Freund an seine Freundin schenkt. –
[Zeichnung]
Denn soll Er ferner Herzen backen –
– Recht viel – die alle zärtlich knacken,
Und so, daß, bricht mal eins entzwei,
Es drum kein großer Schaden sei. –
[Zeichnung]
Jetzt hätt' ich auch gern in einer Reih'
[Zeichnung]
Sieben Freundinnen, schlank und treu;
So welche, die sich ewig lieben.
Und keine neidisch von den sieben.. –
Und nun, Meister Jost, noch'n nettes Männche
Mit freundlichen Mienen
Und piffigen Augen von Rosinen,
In der Hand ein Kännche
Mit'me gute Weinche,
So steht das Männche auf einem Beinche.
[Zeichnung]
Aber, Meister Bäcker, das sag ich Ihm gleich,
Nehm Er mir ja vom besten Teig! –
So! – Nun hol Er noch Plätzcher geschwind,
Die schönsten, die nur zu finden sind,
Und thu Er mir all die Herrlichkeit
In die Tute der stillen Zufriedenheit! –
Hier, liebes Kind! Jetzt sei hübsch klug!
Ich denke, Du hast nun »Guts« genug!
Dieses schrieb für seine liebe Letty mit der unauslöschlichen Dinte der Freundschaft
der gute Onkel
Wilhelm Busch.
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1871. –
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