|
[55] 1027. An Nanda Keßler
Der Juni ist erschienen,
Es blühen die Jasminen,
Und wieder fliegt zu Dir
Und setzt sich Dir zu Füßen
Mit Wünschen und mit Grüßen
Ein Vöglein von Papier.
Es wünscht der Ferdinande
Im deutschen Vaterlande
Was irgend Freude macht,
Damit sie recht zufrieden
Mit Dem, was ihr beschieden,
Bei Tage und bei Nacht. –
Ohweh, was muß ich sehen,
Nach Süden thut sie drehen
Ihr schönes Augenpaar,
Wo früh die Blume sprießet,
Wo Gold in Strömen fließet,
Wo stets der Himmel klar,
Wo unter Palmenwedeln
Aus aller Welt die Edeln
Sorglos spatzieren gehn –
An jenes Wunderländchen
Knüpft sie der Sehnsucht Bändchen,
Denn dort ist's gar zu schön. –
Doch wolltest du auch fliehen,
Jenseit[s] der Berge ziehen
Bis an den fernsten Ort;
Ein guter Wunsch hat Flügel,
Ob Alpen oder Hügel,
Er flattert drüber fort.
Er würde Dich erwischen
Selbst tief in Lorbeerbüschen
Und sprechen frohgemuth:
Ja, siehst Du wohl, da bin ich!
Ich grüße Dich herzinnig
Und hoff' es geht Dir gut!
W.B.
Buchempfehlung
Pan Tadeusz erzählt die Geschichte des Dorfes Soplicowo im 1811 zwischen Russland, Preußen und Österreich geteilten Polen. Im Streit um ein Schloß verfeinden sich zwei Adelsgeschlechter und Pan Tadeusz verliebt sich in Zosia. Das Nationalepos von Pan Tadeusz ist Pflichtlektüre in Polens Schulen und gilt nach der Bibel noch heute als meistgelesenes Buch.
266 Seiten, 14.80 Euro
Buchempfehlung
1799 schreibt Novalis seinen Heinrich von Ofterdingen und schafft mit der blauen Blume, nach der der Jüngling sich sehnt, das Symbol einer der wirkungsmächtigsten Epochen unseres Kulturkreises. Ricarda Huch wird dazu viel später bemerken: »Die blaue Blume ist aber das, was jeder sucht, ohne es selbst zu wissen, nenne man es nun Gott, Ewigkeit oder Liebe.« Diese und fünf weitere große Erzählungen der Frühromantik hat Michael Holzinger für diese Leseausgabe ausgewählt.
396 Seiten, 19.80 Euro