1637. An Franz von Lenbach

1637. An Franz von Lenbach


Wiedensahl 26 Juni 83.


Lieber Lenbach!

Das von der Kunst bestverzierte Stück der Erdkruste da hinter den Bergen sollst Du nun wohl für einige Zeit verlaßen und saust wieder an heimathlichen Obelisken vorbei durchs Loch der Propyläen in die Werkstatt, um dem schamlosen Schaffensdrange zu fröhnen, in welchem Du gewißenlos verhärtet bist. Meine Gedanken umschweben Dich dabei als liebevolle Gespenster. Ich seh, es geht Dir gut: ich seh, Du kegelst auch; aber wo Du tarokst, ist mir nebelhaft.

Recht betrübt macht mich's, daß Gedon in so peinlicher Lage ist. Seine Befürchtungen hab ich nie ernstlich genommen, sondern immer nur für Hypochondrische Schlußfolgerungen gehalten, die er aus dem Leiden seines Vaters gezogen. Von ganzem Herzen hoff und wünsch ich, es möchte mit dieser neuen Operation genug sein. Er kommt mir ja auch so unverwüstlich vor. – Was meinst und hörst Du über ihn?

Leb wohl, liebster Freund! Und grüß Deine Schwestern und die Bekannten von Deinem

alten unwandelbargetreuen

Wilh. Busch.

Quelle:
Busch, Wilhelm: Sämtliche Briefe. Band I: Briefe 1841 bis 1892, Hannover 1968.
Lizenz: