263. An Maria Anderson

[136] 263. An Maria Anderson


Wiedensahl 30 März 75


Vergeef my dit compliment! – Het is zot« – sagen Sie. – Was dies Letztere so anbelangt, Madam, so verbietet mir die gute Lebensart, einer Dame zu widersprechen. In Betreff des ersteren Satzes, der einen Wunsch enthält, stehe ich von Herzen gern zu Diensten und ertheile Ihnen meine volle Absolution. – Da sieht man nun, wie seelengut ich bin! – Sie äußern eine Ansicht – ich pflichte bei; Sie haben eine Bitte an mich – eins zwei drei! –sie ist erfüllt. (Beiseit: Ziedaor, wat doet hy niet om thee!) – Ja, und dann die[136] »christelyke Kunst«! – Meine liebe Frau Anderson, sind Sie denn wirklich so ultramontan? –– Ich hab 'n hübschen Krug. Rundherum stehen die zwölf Apostel und der Herr Jesus in der Mitten. Ein christlicher Krug! Ich hab 'n hübsches Kelchglas. Bachus und Venus sind hinein geschliffen. Ein heidnisches Glas! Aber richtig gefüllt, zur richtigen Stunde, schmeckt's mir aus beiden. – Prosit! – Was zwingt uns, eine Mutter mit dem Kind und einen Greis dabei als »heilige Familie« in unsern Katalog zu setzen, wenn wir nicht wollen? Ist nicht die Kreuzabnahme in der Frauenkirche zu Antwerpen für 'nen Türken verständlich? – Es giebt christliche Schrullen und andere Schrullen, und jeder hat Schrullen, und 's ist alles ein Teufel, und Kunst ist Kunst. – Prosit, Madam! Es lebe die Freiheit! – Lieber, alter, herrlicher van Eick, ich denk an dich!

»Verzen zyn juist geschickt de poësie te bannen.« – Ach ja! – Göthe ist so 'n Geisterbanner, Byron ist so 'n Geisterbanner. Es muß nicht leicht sein, Geister zu bannen, denn Wenige verstehn's. Aber unser Herrgott, oder Peter sein Herrgott, oder Nanntje sein Herrgott, der kann's auch. Wir wollen mal sagen: Ihre Freundinn aus Potsdam ist klug, schön und gesund. Wäre sie nichts weiter als klug und gesund, so hätte der liebe Gott den Vers vergeßen. Doch Allah ist groß, und gelobt sei sein Name! – Über meinem Fenster nisten Staare. Geht die Sonne auf, dann glitzern ihre Federn höchst lustig im Morgenlicht. Es wäre mir ärgerlich, stünd ich eines schönen Morgens auf, und die armen, kleinen Piepvögel säßen nackt und gerupft in der Linde drin.

Hinkt weiter, o ihr Vergleiche!

Im Übrigen Ihr ganz ergebenster

Wilhelm Busch.

Quelle:
Busch, Wilhelm: Sämtliche Briefe. Band I: Briefe 1841 bis 1892, Hannover 1968, S. 136-137.
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