579. An Hermann Nöldeke

[239] 579. An Hermann Nöldeke


Wiedensahl Freitag d. 26. Oct. 83


Lieber Hermann!

Deinen Brief, am 24ten geschrieben und am selben Datum Nachmittags zwischen 7 und 8 in Preetz gestempelt, habe ich heute Morgen erhalten. Von Preetz bis Stadthagen scheint mir das immerhin noch zu lange zu dauern. – Von Adolf hab ich am Montag auch bloß eine Karte bekommen, daß er gut angekommen und von Onkel und Tante am Bahnhof in Empfang genommen sei. – Vorgestern Nachmittag bis Abends halbelf war ich in Bückeburg. Ich traf die ganze Krabbelei recht lustig beisammen; nur Karl war anfangs etwas in der Kammer abwesend, da er, wie mir angedeutet wurde, in der Hose einen kleinen menschlichen Unfug angerichtet hatte; ein Verlust nach unten, den er indeß später bei Tisch von oben her wieder wacker ersetzte. – Was Scandal betrifft, so geht in der Gegend das Gerücht, Herr v. Strauß habe sich mit Hinterlaßung von Frau und Schulden ein Billet in's Ungewiße gelöst, nachdem er neulich im hannöverschen Theater, in spirituoser Laune natürlich, so geunfugt, daß er polizeilich hinausgebracht werden und der Vorhang fallen mußte.

Am Dienstag haben auch Woltmanns in voller Familie und per Ackerwagen die kleine Tante mit Sack und Pack auf der Pfarre abgeliefert. Bei dieser Gelegenheit erhielt ich sechs Krammetsvögel als Geschenk von Onkel Woltmann. Ich ließ sie sammt ihrer Natürlichen Füllung braten, mußte sie aber in folge deßen ohne fremde Mitwirkung verzehren, und zwar recht gerne. – Von morgen Nachmittag bis Übermorgen Nachmittag denk ich Otto und Wilhelm hier zu haben. – Montag fängt Denker in der kleinen Hinterstube zu hämmern an. – Die innern Angelegenheiten des Hauses werden ja ganz paßabel geleitet. – Draußen miestert's.

Die herzlichsten Grüße! Und schreib recht bald mal wieder an deinen getr. Onkel

Wilhelm.


Ist denn Rastorf nur ein Gut und kein Dorf?

Über Gedon sehr betrübte Nachricht. Die Operation hat nichts geholfen. Gegen die heftigen Schmerzen gebraucht er Morphium.

Quelle:
Busch, Wilhelm: Sämtliche Briefe. Band I: Briefe 1841 bis 1892, Hannover 1968, S. 239-240.
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