599. An Adolf Nöldeke

[248] 599. An Adolf Nöldeke


Wiedensahl 24 Febr. 84.


Lieber Adolf!

Deinen Brief hab ich erhalten; der an Mutter, so wie auch von Hermann einer, haben noch hierher müßen. Mutter hatte allerdings vor, nach Hannover zu reisen, da aber Max hier war und sagte, daß es Tante wieder gut ginge, so wurde die Reise wieder hinaus geschoben. Gestern Mittag ist Mutter nach Bückeburg gefahren, wo sie bis Ende dieser Woche zu bleiben gedenkt. Ich war vorigen Mitwoch auch dort und fand alle wohl, bis auf Frieda, die sich mal wieder einen Zahn hatte ausreißen laßen und außerdem den erkälteten Hals vermummelt hatte. – Max Kleine war hier, um dem Docter das Haus zu kündigen. Für den Verkauf ist auf den 3ten März Termin angesetzt. – Daß am Freitag vor acht Tagen bei Pasters in der Südweststube unten eingebrochen und aus einem Schranke im Kabinett Bettwäsche etc. gestohlen wurde, hat dir Mutter wohl schon geschrieben. Der Dieb hat, das muß man ihm zum Ruhme nachsagen, seine Arbeit sehr accurat gemacht. Die Gemüther sind noch immer sehr aufgeregt. Auch ich schiebe jeden Abend den Holzriegel vor, der oben auf der Kammer neben der Bähnenthür baumelt. Es fehlt natürlich nicht an dem üblichen Verdacht auf einen »geschickten Mann«, der dir auch wohl gleich einfallen wird. –[248] Wir haben hier immer noch das schönste Frühlingswetter. Nur gestern Mittag, grade als Mutter zur Post ging, kam ein heftiges Regenschauer. Die Staare flöten auf allen Bäumen, auch regelmäßig auf unserem Staarenbaum. –

Hoffentlich bleibt's noch erst mal so, was dir auch für deine Dresdener Reise von Herzen wünscht

Dein getr. Onkel

Wilhelm

Quelle:
Busch, Wilhelm: Sämtliche Briefe. Band I: Briefe 1841 bis 1892, Hannover 1968, S. 248-249.
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