725. An Otto Nöldeke

[298] 725. An Otto Nöldeke


Wiedens. Montag 19ten März 88.


Lieber Otto!

Sei bedankt für deinen Brief! – Beifolgend erhältst du einige Nummern der Köln. Zeitg. und die Rede von Bismar[c]k, welche ich mir gelegentlich wieder mitzubringen bitte. Wann sie in deine Hände gelangen, scheint bei den jetzigen meteorologischen Verhältnißen ziemlich unsagbar. Es schneit und stürmt unaufhörlich von Nordost, und so hoher Schnee, wie jetzt, hat den ganzen Winter noch nicht gelegen. In unserm Garten sind die Schneebänke so hoch wie die Hecke, in Engelkens Garten höher, als das Stacket. Heute wurde Haus bei Haus officiell Schneeschaufeln angesagt. Unsere Post ist, scheints, nicht gegangen. – Durch den Wind ist's auch recht kalt im Haus. Zudem ist der bestellte Torfmann nicht erschienen, ebenso der Kohlenmann nicht, so daß heute Morgen, als Frau Nickels die letzten Kohlen aus dem Lager geschrappt hatte und das Unwetter noch immer anhielt, sich einige Besorgniße einstellten. Zum Glück hatte Herr Eggerding noch Kohlen zu verkaufen, und so mag es denn immerhin weiter stürmen und schneien, was denn auch jetzt, nachmittags, noch fortgesetzt der Fall ist. – Ich mußte gestern an Hermann denken. Aber hoffentlich hat er in Elbingerode den Kantor lesen laßen. – Daß du den vermutheten Urlaub wirklich bekommst, möcht ich dir wohl wünschen. Die Zeit ist kurz, und sollten die Wetterverhältniße ungünstig bleiben, so scheint es mir das Richtigste zu sein, wenn du mit Mutter und den Brüdern in Hattorf bleibst. – Vorn in der Stube ist der Fußboden gestrichen; wir haben uns in's kleine Hinterstübchen zurückgezogen, wo's uns recht warm und gemüthlich vorkommt. – Mit Elsens Frost scheint es ja etwas beßer zu gehn. – Mit den herzlichsten Grüßen, auch von Else und Fr. Nickels

dein getr. Onkel Wilhelm.

Quelle:
Busch, Wilhelm: Sämtliche Briefe. Band I: Briefe 1841 bis 1892, Hannover 1968, S. 298.
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