Gründliche Heilung

[383] Es saß der fromme Meister

Mit Weib und Kind bei Tisch.

Ach, seine Lebensgeister

Sind nicht wie sonst so frisch.


Er sitzt mit krummem Nacken

Vor seinem Leibgericht,

Er hält sich beide Backen,

Worin es heftig sticht.


Das brennt wie heiße Kohlen.

Au, schreit er, au, verdammt!

Der Teufel soll sie holen,

Die Zähne allesamt!


Doch gleich, wie es in Nöten

Wohl öfter schon geschah,

Begann er laut zu beten:

Hilf, Apollonia!


Kaum, daß aus voller Seele

Er diesen Spruch getan,

Fällt aus des Mundes Höhle

Ihm plötzlich jeder Zahn.


Und schmerzlos, Dank dem Himmel,

Schmaust er, wie 's sonst der Brauch,

Nur war es mehr Gemümmel,

Und lispeln tät er auch.


Pohsit! Wie klingt so niedlich

Des Meisters Säuselton.

Er trank, entschlummert friedlich,

Und horch, da schnarcht er schon.

Quelle:
Wilhelm Busch: Sämtliche Werke, Herausgegeben v. Otto Nöldeke, Band 6, München 1943, S. 383-384.
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