Die Schnecken

[283] Rötlich dämmert es im Westen

Und der laute Tag verklingt,

Nur daß auf den höchsten Ästen

Lieblich noch die Drossel singt.


Jetzt in dichtbelaubten Hecken,

Wo es still verborgen blieb,

Rüstet sich das Volk der Schnecken

Für den nächtlichen Betrieb.


Tastend streckt sich ihr Gehörne.

Schwach nur ist das Augenlicht.

Dennoch schon aus weiter Ferne

Wittern sie ihr Leibgericht.


Schleimig, säumig, aber stete,

Immer auf dem nächsten Pfad,

Finden sie die Gartenbeete

Mit dem schönsten Kopfsalat.


Hier vereint zu ernsten Dingen

Bis zum Morgensonnenschein,

Nagen sie geheim und dringen

Tief ins grüne Herz hinein.


Darum braucht die Köchin Jettchen

Dieses Kraut nie ohne Arg.

Sorgsam prüft sie jedes Blättchen,

Ob sich nichts darin verbarg.


Sie hat Furcht, den Zorn zu wecken

Ihres lieben gnäd'gen Herrn.

Kopfsalat vermischt mit Schnecken

Mag der alte Kerl nicht gern.

Quelle:
Wilhelm Busch: Sämtliche Werke, Herausgegeben v. Otto Nöldeke, Band 6, München 1943, S. 283-284.
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