Adelens Spaziergang

Adelens Spaziergang

[280] Ein Mädchen, schön und voll Gemüt,

Geht hier spazieren, wie man sieht.


Adelens Spaziergang

Sie pflückt auf frühlingsgrüner Au

Vergißmeinnicht, das Blümlein blau.
[280]

Adelens Spaziergang

Ach Gott! da hupft ein grüner, nasser,

Erschrecklich großer Frosch ins Wasser.


Adelens Spaziergang

Adele, die ihn hupfen sah,

Fällt um und ist der Ohnmacht nah.
[281]

Adelens Spaziergang

Ameisenbisse tun gar weh;

Schnell springt Adele in die Höh'.


Adelens Spaziergang

Ein Schäfer weidet in der Fern';

Den Ziegenbock hat man nicht gern.
[282]

Adelens Spaziergang

Es stößt der Bock; Adele schreit;

Der Hirt ist in Verlegenheit.


Adelens Spaziergang

Auf seine Hörner nimmt der Bock

Adelens Krinolinenrock.
[283]

Adelens Spaziergang

Hund, Hirt und Herde stehen stumm

Um diesen Unglücksfall herum.


Adelens Spaziergang

Der Schäfer trägt Adelen fort;

Ein Storch kommt auch an diesen Ort.
[284]

Adelens Spaziergang

Schnapp! faßt der Storch die Krinoline

Und fliegt davon mit froher Miene.


Adelens Spaziergang

Hier sitzt das Ding im Baume fest

Als wunderschönes Storchennest.
[285]


Quelle:
Wilhelm Busch: Werke. Historisch-kritische Gesamtausgabe, Bde. I-IV, Band 1, Hamburg 1959, S. 280-286.
Lizenz:

Buchempfehlung

Stifter, Adalbert

Der Condor / Das Haidedorf

Der Condor / Das Haidedorf

Die ersten beiden literarischen Veröffentlichungen Stifters sind noch voll romantischen Nachklanges. Im »Condor« will die Wienerin Cornelia zwei englischen Wissenschaftlern beweisen wozu Frauen fähig sind, indem sie sie auf einer Fahrt mit dem Ballon »Condor« begleitet - bedauerlicherweise wird sie dabei ohnmächtig. Über das »Haidedorf« schreibt Stifter in einem Brief an seinen Bruder: »Es war meine Mutter und mein Vater, die mir bei der Dichtung dieses Werkes vorschwebten, und alle Liebe, welche nur so treuherzig auf dem Lande, und unter armen Menschen zu finden ist..., alle diese Liebe liegt in der kleinen Erzählung.«

48 Seiten, 3.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Geschichten aus dem Biedermeier III. Neun weitere Erzählungen

Geschichten aus dem Biedermeier III. Neun weitere Erzählungen

Biedermeier - das klingt in heutigen Ohren nach langweiligem Spießertum, nach geschmacklosen rosa Teetässchen in Wohnzimmern, die aussehen wie Puppenstuben und in denen es irgendwie nach »Omma« riecht. Zu Recht. Aber nicht nur. Biedermeier ist auch die Zeit einer zarten Literatur der Flucht ins Idyll, des Rückzuges ins private Glück und der Tugenden. Die Menschen im Europa nach Napoleon hatten die Nase voll von großen neuen Ideen, das aufstrebende Bürgertum forderte und entwickelte eine eigene Kunst und Kultur für sich, die unabhängig von feudaler Großmannssucht bestehen sollte. Für den dritten Band hat Michael Holzinger neun weitere Meistererzählungen aus dem Biedermeier zusammengefasst.

444 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon