9. Szene.

[166] Sigismund, Clarin, Soldaten.


Sigismund mit Fellen bekleidet. Kriegerische Musik.


SIGISMUND.

Könnt heut mich Roma sehen,

geschmückt mit ihrer Jugend Siegstrophäen,

wie würde sie des neuen,

noch nie erlebten Zufalls sich erfreuen,

der ihr ein Untier gönnte,

das ihrer Scharen Kraft beherrschen könnte,

und dem, mit solchem Heere,

des Firmaments Erobrung Leichtes wäre!

Doch hemme noch die Schwingen,

mein Geist; nach ungewissem Ruhm zu ringen

bezähme das Gelüste,

weil ich, erwacht, mit Schmerz erfahren müßte,

der Ruhm, den ich gewonnen,

sei wie ein Traum zerronnen.

Je minder ich gewinne,

je minder schmerzt es mich,

daß er zerrinne.


Trompetenstoß.


CLARIN.

Auf einem raschen Pferde –

(ich mal es dir, vergib mir die Beschwerde,[166]

unmöglich kann ich's lassen)

es scheint die ganze Welt in sich zu fassen.

Der Leib, wenn ich nicht fehle,

ist Erde ja, und Feuer ist die Seele;

Luft ist der Hauch, und Wasser ist im Schaume;

ein Chaos zeigt sich in so engem Raume.

Leib, Seele, Hauch, Schaum macht's zum Ungeheuer,

gemischt aus Erde, Wasser, Luft und Feuer.

Es ist ein Apfelschimmel,

schön durch der Flecken zierliches Gewimmel.

Spornt man' s, so ist sein Rennen

kein Lauf, ein Flug zu nennen.

Auf diesem Rosse wendet

ein schönes Weib sich her.

SIGISMUND.

Glanz, der mich blendet!

CLARIN.

Rosaura steigt hernieder.


Ab.


SIGISMUND.

Der Himmel schenkt sie meinen Blicken wieder.


Quelle:
Calderon de la Barca, Pedro: Das Leben ein Traum. Leipzig 1964, S. 166-168.
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