[5] Danck-Schreiben an zwey Fräulein von Schwerin[360] 1

1696.


Vergönnt mir, Schönsten, daß ich mag

Durch diesen Brief die Hände küssen,

Die gestern einen gantzen Tag,

Zu meinem Dienst, sich regen müssen;

Und daß ich meine Danckbarkeit,

Zu der ich euch verbunden lebe,

Bey dieser frühen Morgen-Zeit,

Gehorsamst zu erkennen gebe.


Denn, daß die liebe Dorilis2

Vielleicht nicht meiner gantz vergessen,

Das hab ich keinem sonst gewiß

Als eurer Arbeit beyzumessen.

Ich sehe noch in meinem Sinn

Die zarten Fingerchen spatziren,

Um diese, der ich eigen bin,

Mit hundert Schleiffen auszuzieren.


So lange, wie ich reden kan,

Soll immer euer Lob erschallen,

Weil ihr so manchen Stich gethan,

Mir armen Diener zu gefallen.

Mein Hertz stellt sich hier selber ein,

Mit diesem will ich euch begaben,

Wenn ihr nur wollt zu frieden seyn,

Ein schlechtes Macher-Lohn zu haben.
[361]

Es schien, als woltet, schönstes Paar,

Ihr beyde mit einander streiten,

Wer, was noch sonder Ordnung war,

Am besten könte zubereiten.

Ihr habt, zu eurem Ruhm und Preiß,

Mir etwas gutes ausgelesen,

Jedoch ist eure Müh und Fleiß

Mehr wehrt, als mein Geschenck, gewesen.


Nur, daß ihr ohne Fingerhut

Gefochten, und den Daum verletzet,

Daß euer schönes Purpur-Blut

Die eine Liljen-Hand benetzet,

Hat mir so weh, als euch, gethan,

Weil ich mir die Gedancken mache,

Das reine Blut schrey Himmel an,

Und fodre die verdiente Rache.


Verfluchte Nadel, die du dich

So eines Frevels unternommen,

Ich wünsche, daß kein guter Stich

Mehr mag von deiner Spitze kommen!

Sonst aber wünsch ich, zum Beschluß,

Um mich nicht länger zu verweilen,

Daß bald mein Demuths-voller Kuß,

Den bösen Daumen möge heilen.

Fußnoten

1 Diese hatten, auf sein Ersuchen, Tags vorher einen gewissen Putz eigenhändig angeordnet, mit welchem er ihre leibliche Schwester, seine nachherige zweite Gemahlin, Fr. Dorothea Maria, gebohrne Freyin von Schwerin, als seine damahlige Braut, beschenkt.


2 Weil seine beyde Gemahlinnen den Nahmen Dorothea geführet, hat er die letzte Dorilis, wie die erste Doris, in seinen Versen genannt.


Quelle:
Friedrich Rudolph Ludwig von Canitz, Kritische Ausgabe: Gedichte, Tübingen 1982, S. 360-362.
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