|
[65] Der König nimmt zwischen Lysiart und Adolar die Mitte. Die vier Pagen stehen hinter ihm. Die beiden Jagdjunker nehmen, zurückstehend, zur Linken des Königs Aufstellung.
Nr. 25. Finale.
KÖNIG zürnend.
Laßt ruhn das Schwert, der höchste Richter naht,
Der Rächer jeder Frevelthat!
Alle beugen sich ehrerbietig.
Lysiart das Schwert senkend, tritt zurück.
ADOLAR knieend.
Mein König, hör' den gräßlichsten Verrat!
Wir sind getäuschet, aller Tugend Bildnis[65]
War Euryanthe! – Weh mir! in der Wildnis
Verlassen irret sie umher!
Hilf, rette, strafe!
KÖNIG.
Hemme deine Klagen,
Fass' dich, als Held das Gräßlichste zu tragen,
Dich segnend ist das treuste Herz gebrochen!
EGLANTINE in teuflischer Lust auffahrend.
Triumph! gerochen
Ist meine Schmach! der Feindin Herz gebrochen!
Es stürmt der Tod durch deine Brust!
Betrogner! war dir meine Glut bewußt,
Wie legtest sorglos und vermessen
Die Schlange du an der Geliebten Brust?
So hattest du mein Flehn vergessen?
Vergessen meinen Todesschmerz?
Vergessen deines Kaltsinns Hohn?
Vergessen meines Zornes Drohn?
ADOLAR.
Abscheuliche!
EGLANTINE.
Grausamer Adolar!
Verzweifle, da sie schuldlos war!
Ich war's, von deren Hand den Ring
Der kühne Räuber dort empfing.
Ich war's, die ihn der Gruft entwandte.
Rein, wie das Licht, war Euryanthe!
CHOR.
O höllischer Verrat! o herb' Geschick!
LYSIART nähert sich Eglantine.
Wahnsinn'ge!
EGLANTINE.
Schnödes Werkzeug meiner Rache,
Dich schleudr' ich in dein Nichts zurück!
LYSIART.
Was hält mich, daß ich dich zermalme,
Meineidige! Verräterin!
Er stößt sie nieder.
Eglantine fällt ihren Frauen in die Arme, die sie nach rechts vorn abführen.
CHOR.
Ruchloser Mörder!
KÖNIG winkt.
Führt zum Tod ihn!
ADOLAR.
Nein, gebt ihn frei!
Laßt ganz sein Werk ihn krönen.[66]
Hier ist mein Herz, der Mörder sei
Befriedigt. – Gott! wen nannt' ich Mörder? Ich!
Ich bin der Mörder und der Fluch trifft mich!
Wer mordete mit wildem Triebe
Die höchste Treue, Glauben, Unschuld, Liebe!
Wo lebt ein Frevler sonst, als ich?
Er versinkt in dumpfe Verzweiflung.
Der König winkt noch einmal.
Lysiart wendet sich nach hinten.
Die beiden Jagdjunker, der Offizier rechts hinten und sechs Mann seiner Soldaten begleiten Lysiart als Gefangenen nach rechts hinten hinaus.
Hornsignale rechts hinten.
CHOR DER JÄGER rechts hinten.
O Wonne! sie atmet! sie lebet!
Euryanthe, Chor der Jäger kommen von rechts hinten.
Buchempfehlung
Am Hofe des kaiserlichen Brüder Caracalla und Geta dient der angesehene Jurist Papinian als Reichshofmeister. Im Streit um die Macht tötet ein Bruder den anderen und verlangt von Papinian die Rechtfertigung seines Mordes, doch dieser beugt weder das Recht noch sich selbst und stirbt schließlich den Märtyrertod.
110 Seiten, 6.80 Euro
Buchempfehlung
1799 schreibt Novalis seinen Heinrich von Ofterdingen und schafft mit der blauen Blume, nach der der Jüngling sich sehnt, das Symbol einer der wirkungsmächtigsten Epochen unseres Kulturkreises. Ricarda Huch wird dazu viel später bemerken: »Die blaue Blume ist aber das, was jeder sucht, ohne es selbst zu wissen, nenne man es nun Gott, Ewigkeit oder Liebe.« Diese und fünf weitere große Erzählungen der Frühromantik hat Michael Holzinger für diese Leseausgabe ausgewählt.
396 Seiten, 19.80 Euro