|
[61] Die Vorigen. Die Personen des Hochzeitsmarsches.
Nr. 23. Hochzeitsmarsch und Chor.
Die acht Trompeter welche aus dem Eingangsthor des Schlosses links hinten den Hochzeitszug eröffnen, beginnen die Marschmusik. Es folgen ihnen im Marsch ohne Tritt: ein Offizier, zwei Fahnenträger mit schwarzen Fahnen, zwei Fahnenträger mit den Fahnen[61] von Nevers und Rethel, vierzehn Soldaten, zwei Chorknaben mit Fahnen, zwei Chorknaben mit Räucherbecken, zwei Chorknaben mit Lichtern, zwei Geistliche, Lysiart und Eglantine totenbleich, zwei Pagen die Eglantines Schleppe tragen, vier Damen, vierzehn Ritter, ein Offizier, zwei Fahnenträger mit den Fahnen von Nevers und Rethel, zwölf Soldaten.
Die Fahnenträger mit den schwarzen Fahnen nehmen am untern Ausgang des vom Schloß herabkommenden Weges Aufstellung. Der erste Offizier mit den beiden andern Fahnenträgern und die vierzehn Soldaten marschieren nach rechts und von da nach links um den Raum und nehmen zuerst auf der linken Seite Aufstellung, um den Zug, der
den ganzen Raum umschreitet, an sich vorüber ziehen zu lassen; dann ziehen sie sich nach rechts hinüber und nehmen dort Aufstellung.
Der letzte Offizier mit seinen zwei Fahnenträgern und zwölf Soldaten nimmt auf dem Burgweg Aufstellung.
[62]
LANDLEUTE.
Das Frevlerpaar! Weh' diesem Bunde!
ADOLAR.
O klopfend Herz – sei stark zu dieser Stunde!
EGLANTINE mit Gebärden des Schmerzes, indem sie mit Entsetzen, das in Wahnsinn übergeht, stehen bleibt.
Ich kann nicht weiter! Todesschauer
Durchrieseln mein Gebein!
Mich drückt die Luft –
Sieh! Emma steigt aus dunkler Gruft,
Sie winket mir mit starrer Hand!
Was forderst du zurück der Rache Pfand?
Ich gab es hin, die Unschuld zu ermorden!
Hinweg! Hier bin ich Herrscherin geworden!
Auf ewig, Lysiart, bin ich dein!
Geschmiedet ist der Trauring, fest und eigen,
Mit Meineid, Blut und Thränen – kannst du schweigen?
Sei ruhig! Nacht hüllt unsre Thaten ein!
Lysiart schaut sie ingrimmig an.
CHOR.
Welch Entsetzen! Welch Gericht!
Die Vergeltung schlummert nicht.
LYSIART.
Hört! daß Wahnsinn aus ihr spricht!
ADOLAR für sich.
Ha! mir tagt ein schrecklich Licht!
Vortretend, Lysiart zur Linken.
Erzittre, ruchlos' Paar! Es naht die Rache.
Der Himmel führt bedrückter Unschuld Sache!
LYSIART.
Was zischest aus dem Staub du, nicht'ger Wurm?
Vasallen, werft den Fremdling in den Turm!
Die vierzehn Ritter zur Linken, wollen auf Adolar eindringen.
ADOLAR zu ihnen.
Mich wollt ihr fahen? mich?
Er schlägt den Helmsturz auf.
CHOR in freudigem Erstaunen, in Jubel ausbrechend.
Heil, Adolar, in seiner Väter Hallen!
Die Ritter drängen sich um ihn.
CHOR.
Geliebter, unsre Demut dich versöhne![63]
EGLANTINE aus dumpfer Betäubung erwachend und in die Arme ihrer rechts vorn stehenden Frauen sinkend.
Er ist's! in seiner Glorie, seiner Schöne!
Weh mir!
LYSIART.
Verderben, Fluch euch allen!
Verwegne Knechte, büßend sollt ihr fallen!
Nr. 24. Chor mit Duett.
DIE RITTER Chor, sich drohend gegen Lysiart gruppierend.
Trotze nicht, Vermessener!
Strafe dräut, Verräter.
Tilgt das Werk der Nacht!
Zittre, Gottvergessener!
Birg dich, Missethäter!
Gottes Auge wacht.
ADOLAR.
Zum Kampf, zum Gottgerichte,
Verruchter Frevler, du!
LYSIART.
Daß ich dich, Feind! vernichte,
Jauchzt mir der Abgrund zu!
ADOLAR.
Dein schwarzes Herz durchwühle
Mein sieggewohnter Stahl!
LYSIART.
Dein strömend Herzblut kühle
Der Seele Folterqual!
ADOLAR.
Dein schwarzes Herz durchwühle
Mein sieggewohnter Stahl!
LYSIART.
Dein strömend Herzblut kühle
Der Seele Folterqual!
CHOR.
Trotze nicht, Vermessener!
Zittre, Gottvergessener!
Trotze nicht, Vermessener!
Strafe dräut, Verräter,
Tilgt, das Werk der Nacht!
Erzittre, Gottvergessener!
Birg dich, Missethäter!
Gottes Auge wacht![64]
ADOLAR.
Dein schwarzes Herz durchwühle
Mein sieggewohnter Stahl!
LYSIART.
Dein strömend Herzblut kühle
Der Seele Folterqual!
CHOR.
Zittre, Gottvergessener!
ADOLAR.
Zum Kampf! Zum Gottgerichte!
Verruchter Frevler du!
Trotze nicht! Gottes Auge wacht!
LYSIART.
Zum Kampf! will nicht um Mitleid werben,
Heran! ich bin bereit! heran!
CHOR.
Birg dich, Missethäter!
Gottes Auge wacht!
Schande nur und Verderben
Ist ewig dir geweiht!
Trotze nicht! trotze nicht!
Gottes Auge wacht!
Adolar, Lysiart ziehen die Schwerter und dringen aufeinander ein.
Der König, zwei Jagdjunker, vier Pagen nahen sich von rechts hinten.
Die zwei Jagdjunker trennen die Kämpfenden.
Buchempfehlung
In der Nachfolge Jean Pauls schreibt Wilhelm Raabe 1862 seinen bildungskritisch moralisierenden Roman »Der Hungerpastor«. »Vom Hunger will ich in diesem schönen Buche handeln, von dem, was er bedeutet, was er will und was er vermag.«
340 Seiten, 14.80 Euro
Buchempfehlung
Zwischen 1765 und 1785 geht ein Ruck durch die deutsche Literatur. Sehr junge Autoren lehnen sich auf gegen den belehrenden Charakter der - die damalige Geisteskultur beherrschenden - Aufklärung. Mit Fantasie und Gemütskraft stürmen und drängen sie gegen die Moralvorstellungen des Feudalsystems, setzen Gefühl vor Verstand und fordern die Selbstständigkeit des Originalgenies. Für den zweiten Band hat Michael Holzinger sechs weitere bewegende Erzählungen des Sturm und Drang ausgewählt.
424 Seiten, 19.80 Euro