[86] Vers 12859–12888.
»Fürwahr« – sprach unser Wirth – »bei Gottes Güte!
Vor solchem Weibsbild mich der Herr behüte.
Seht, welcher Schliche Frauen sich bedienen!
Seht, welcher List! – Ja, ems'ger als die Bienen,
Sind sie, uns dumme Männer zu betrügen;
Und daß sie unwahr sind und immer lügen,
Beweist des Kaufmanns Vortrag uns genau.
So treu wie Stahl ist freilich meine Frau,
Wenn sie gleich arm ist. – Doch im Zaum hält sie
Die bitterböse Plapperzunge nie,
Und andre Laster hat sie noch in Haufen. –
Genug davon! – Laßt solche Sachen laufen!
Doch wißt Ihr was? – Ganz im Vertrau'n erzählt:
Mich reut es bitter, daß ich mich vermählt'.
Doch alle Fehler, welche sie besitzt,
Euch mitzutheilen, bin ich zu gewitzt.
Wißt Ihr den Grund? – Sie hört es wieder später;
Auch hier im Kreise fehlen nicht Verräther.
Wer diese sind, brauch' ich kaum anzuzeigen,
Da Weiber nie von solchen Sachen schweigen.[87]
Und Euch in Alles einzuweih'n gebricht
Es mir an Witz; drum schließ' ich den Bericht.
Kommt näher, Junker! falls es Euch beliebt!
Erzählt von Liebe! – Traun! auf Erden giebt
Es Keiner, der gleich Euch darin beschlagen.«
»Nein, Herr!« – sprach er – »doch gerne will ich sagen,
Was mir bekannt ist. – Gebt Ihr mir Befehle,
So bin auch kein Rebell ich und erzähle.
Gut ist mein Wille; doch mißräth's, so richte
Man nicht zu scharf. – Seht, dies ist die Geschichte.«
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