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[793] Franz Schiermoser ist also Hochzeiter und ist sehr zufrieden und glücklich darüber.

Denn er sagt sich, daß er mit Rosalie niemals verspielt haben wird.

Und was die Leut' sagen werden, das bekümmert ihn nicht. Er mischt sich auch nirgends drein.

Sollte aber wirklich einer den Mund allzu weit auftun über die Sache, so würde er ihm den schon schließen auf eine Art und Weise, daß er eine Zeitlang auf Gott und die Welt vergißt.

Und so beginnt er gemeinsam mit seinem Vater und dem Alten das Haus für die neue Bäuerin zu richten und zu verjüngen.

Denn alte Wänd' und morsche Böden taugen nicht für ein junges Leut' und ein frisches Blut.

Rosalie aber sitzt derweilen drinnen in der Stadt und näht und stickt und probiert dies und das, läuft mit Tante Adele von Laden zu Laden und treibt die Handwerksleute zur Eile an.

Ihre Mutter, die Rätin, ist mit Sack und Pack abgereist zu einer von ihren verheirateten Töchtern, um sich dort auszuweinen über die unglaubliche Kränkung, die ihr durch Rosalies Heirat zugefügt wurde.

Sie tut wirklich, als wollte sie jedes Band zwischen sich und ihrer Tochter zerreißen.[793]

Tante Adele freilich meint, das geschehe alles bloß, um nach außen hin »Eindruck zu schinden« als unglückliche Mutter; im Innern sei sie ganz gewiß zu Tod froh, daß ihre Tochter einen Bauernhof im Wert von mindestens achtzigtausend Mark und leichtlich an die zwanzigtausend Mark bares Geld erheiratet.

Und sie ärgert sich bei dem Gedanken, daß es die Rätin doch nun so gut haben könnte, wenn sie nicht so ein hochmütiges Frauenzimmer wär'!

Sie selber opfert willig ihre ganzen Ersparnisse, ihre Zeit und ihre Ruhe für das Bräutl; »denn«, meint sie, »wenn ich mich nicht kümmere um das Mädl, wer soll's denn tun? – Sie wird ihre alte Tante schon nicht vergessen, die Rosl.« Das hat Rosalie auch gar nicht im Sinn.

Vielmehr hat sie sich bereits von ihrem Hochzeiter ausgebeten, daß Adele jeden Sommer als Gast auf dem Schiermoserhof weilen darf.

Und Franz fand nichts Unbilliges an der Bitte und meinte: »Dees kannst halten, wie d' magst, Roserl.«

Also wird fröhlich der Tag genützt und die Stunde, auf daß alles gut und recht wird zur Hochzeit.

Quelle:
Lena Christ: Werke. München 1972, S. 793-794.
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