Magdalena

[16] Zuweilen, wenn ich ganz allein,

Nah'st Du in Dämmerstunden,

Du schwebst so bleich und still herein,

Wie ich Dich einst gefunden.


Du lachtest damals, seltsam klang

Dein Wort, voll herber Zweifel,

Um Deine müde Seele rang

Dein Engel mit dem Teufel ...


Ich sah Dich fiebernd, traurig, kalt,

Nach Neuem suchen, greifen,

Und sah Dich überdrüssig bald

Gefund'nes von Dir streifen.


Ich sah Dich edel, jung und froh,

Und in den nächsten Stunden

Sah ich Dich kleinlich, alt und roh,

Erkrankt an Todeswunden.
[17]

Das dunkle Räthsel Deiner Qual

Hast Du mir nie erschlossen,

Nur Deine Thränen sind einmal

Heiß auf mein Haupt geflossen. –


Durch Dämmerung und Herbsteswind

Hör' ich Dich seither klagen,

Denn Du bist todt, Du armes Kind,

Seit langen, langen Tagen.

Quelle:
Ada Christen: Schatten, Hamburg 1872, S. 16-18.
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