Widmungsgedicht zu »Adam Mensch«

[217] Oskar Hänichen zugeeignet.


Von einem Grabe komm' ich her. – Du weißt,

Mein lieber Freund –: von welchem Grabe –

Du weißt –: wie viele Träume, wie viel Glück –

Wie viele Vergangenheit ich da begraben habe ...

Von des Vergessens Flut unüberspült

Mahnt dieser Hügel noch im fernen Süden –

Da wir so groß gelebt, so stark gefühlt,[217]

So heiß gekämpft um unsres Willens Frieden.

Ob wir ihn fanden –? Nun, mein lieber Freund –

Wir lächeln schmerzlich – doch wir lächeln eben –

Wir sind allein – wir haben nur noch uns –

So bleiben wir zusammen für das Leben ...

Der Regen klatscht an meine Fensterscheiben –

Ins Nordland wieder wurden wir verbannt –

Getrost mein Freund! Wir werden südwärts treiben

In unsrer Sehnsucht – unsres Sieges Land!

Ein Grab zu hüten gilt's. Mit weißen Kerzen

Hat's unterweil der junge Lenzgeschmückt –

Für das Unsterbliche verglühn die Herzen –

Mit rotem Blut getauft der tiefsten Schmerzen

Ward uns der Geist, der Zukunftsfrüchte pflückt. –


Quelle:
Hermann Conradi: Gesammelte Schriften, Band 1: Lebensbeschreibung, Gedichte und Aphorismen, München und Leipzig 1911, S. 217-218.
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