Fünfter Auftritt

[69] Timant, Philipp.


TIMANT. Ist niemand da, Philipp? Um des Himmels willen, verrathe mich nicht!

PHILIPP. Sind Sie es im Ernste? Ich habe Sie fortreiten sehen; und Sie sind wieder da? Sagen Sie mir es geschwind, wenn Sie ein Gespenst sind. Ich habe Ihnen getreu bey Ihrem Leben gedienet, und ich kann nichts dafür, daß man eben den Anschlag gefaßt hat, Sie in ein Tollhaus zu setzen: ich versichere es Sie!

TIMANT. Was? mich in ein Tollhaus zu setzen! Wohin wird endlich noch die Bosheit, die sich wider mich verschworen hat, gerathen? Fürchte dich nicht; ich bin zurück gekommen.[69]

PHILIPP. Also sind Sie es selbst? Der gnädige Herr Vater hat es noch verhindert, sonst wären Ihnen Häscher nachgeschickt worden. Wie ist es aber zugegangen, daß Sie so geschwind zurück gekommen sind?

TIMANT. Ich stieg, wie du gesehen hast, zu Pferde, und war Willens, nicht mehr umzukehren. Als ich aber ungefähr hundert Schritte weit geritten war: so kam ich in eine Straße, in der viele Leute mich scharf ansahen. Ich dachte gleich, es würde Geronte Spionen ausgeschickt haben. Ich nahm allerhand Nebenwege; aber immer begegneten mir Leute, die mich mit einer bedenklichen Mine ansahen. Ich war in der größten Angst, da mir noch dazu einfiel, daß in denen Papieren, die ich in meiner Stube gelassen hatte, etwas stehen könnte, das man schlimm hätte auslegen können. Ich war begierig, zu wissen, ob du auch die Briefe richtig überbracht hättest. Es ist mir nützlich, zu wissen, wie sich meine Feinde dabey aufgeführt haben, und was sie für weitere Anschläge wider mich fassen. Alle diese Betrachtungen bewogen mich, durch allerhand Nebenwege zurück zu eilen. Ich stieg bey der hinteren Thüre ab, und kam glücklich, ohne von einem Menschen gesehen zu werden, in meiner Stube an, und durchsuchte meine Papiere, als ich hier im Saale reden hörete. Ich sah Geronten, meinen Vater, seine Braut, den Damon und dich. Ich konnte aber nichts von eurem Gespräche verstehen. Ich verlasse mich auf dich: mein Leben steht in deinen Händen. Verrathe es nicht, daß ich hier bin! Entdecke mir, was man wider mich für Anschläge hat! Ich muß eilen, damit ich aus diesem verhaßten Ort komme.

PHILIPP. Ich kann Ihnen weiter nichts sagen: Ihr Herr Vater hat sich nicht mit Climenen verheurathet: Damon aber wird sie jetzo heurathen. Ihnen ist die Enterbung zugedacht: Damon und Climene bitten für Sie.

TIMANT. Himmel, welche Nachrichten! Ach, wohin soll ich mich verstecken? ich höre jemand kommen.

PHILIPP. Bleiben Sie immer! Man kann Ihnen doch sonst nichts thun, als Sie in ein Tollhaus setzen.

TIMANT. Ja, ich will hier bleiben, und meinem Unglücke und meinen Feinden Trotz biethen.


Quelle:
Johann Friedrich von Cronegk: Der Misstrauische. Berlin 1969, S. 69-70.
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