O Sonne

[47] Alice Berend zugeeignet


O birg in kühnem Leben Sonnenstunden,

Dein Wesen bleib um Wonne hold in Sorgen;

Die Sonne schenkt sich fordernd: borg zu borgen,

Laß eignen Überschwang durch Gold umrunden!


Wie froh gekühlte Sommermonde munden!

In Weinesröte loht ein stolzer Morgen

Der ewigen Erwachtheit traut geborgen:

Sein Tag in uns singt alte Sonnenkunden.


O Sonne, meine Seele sei ein Garten,

Berühre sacht der Triebe zartes Sprühen:

Ein Mensch ist lenzgewohnt, weil voll Erwarten!


O Sonne, weil behutsam um mein Mühen:

Wir fühlen freudig ferne Feuerfahrten,

Die, fruchtbar durch den Geist, für dich erglühen!
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Quelle:
Theodor Däubler: Attische Sonette, Leipzig 1924, S. 47-48.
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