[Ich glaube fest an Gott und an die ewige Gnade!]

[442] Ich glaube fest an Gott und an die ewige Gnade!

Jungfrau Marie, auch Dich, oh Mutter, liebt mein Herz.

Du bist in mir ein Traum und eine Wehmuthslade:

Voll Demuth lege ich vor Dich die Furcht, den Schmerz.
[442]

Jungfrau Marie, der Thau der Ähren ist Dein Schleier.

Die blonden Felder sind Dein goldenes Sonnenhaar.

Die Liebe meiner Mutter Deine Weihnachtsfeier,

Und meine Unschuld, Mutter, ist Dein Weihaltar.


Jungfrau Marie, ein Mittagsfeld ist Deine Stirne.

Dein Auge mein Verstand, der jeden Wunsch durchschaut.

Die Brauen sind ein Adler über jedem Firne:

Aus Deinem Mund erlausche ich den Mutterlaut.


Jungfrau Marie, die Bauern hier im Thal sind Schwaben.

Aus Deiner Kehle klingt ein Heimathwort so wohl.

Der Blüthenwald ist nur die frömmste unserer Gaben,

Von Deinem Halsband jedes Dorf ein Karneol.


Jungfrau Marie, der Heimath Schutz sind Deine Hände.

Dein Herz ist die Vergebung meiner schweren Schuld.

Und Deine Schultern sind des Juras steile Wände,

Denn fern von welschen Menschen fühl ich Deine Huld!


Wenn ich im Thal, zerknirscht, bald für das Übel büße

Und liebe Gott und meinen Nächsten so wie nie,

Jungfrau Marie, dann fühl ich Deine heiligen Füße.

Und grüße Dich: ich liebe Dich, Jungfrau Marie!

Quelle:
Theodor Däubler: Das Nordlicht. Teil 2, München; Leipzig 1910, S. 442-443.
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