Unterthänigste Glücks-Vermuthung, bey Chur-Printzl. Durchl. zu Brandenb. Hn. Hn. Carl Aemyl, unsers gnädigsten Chur-Printzen und Herren, den 30. OsterM. A.C. 1655. zu Cölln an der Spree angestellten Heil. Tauff-Feyer, zu Königsberg in Preussen demühtigst geschöpffet

[237] Gott entbrennet im Gemüte

Nie so hefftig auff ein Land,

Daß nicht Väterliche Güte

Stets dabey werd' eingewandt:

Da ist Straff auff unsre Schuld,

Hie Erbarmen und Gedult.


Mitten in dem Krieges-Fewer,

In der Kümmerlichen Zeit,

Die uns alles Ungehewer

Plündern, Brand und Elend dreut,

So wirst du, der Völcker Heil,

Chur-Printz, eben uns zu Theil,


Machst, daß wir die Furcht gelosen,

So uns scheint zu überziehn.

Also trägt ein Dorn-Pusch Rosen,

Süssen Honig eine Bien'

Und in einem wilden Streit

Blüht die Siegs-Kron' allezeit.


Lang ist schon umb dich gebehten,

Wenn sind unsre Seufftzer nicht

Wegen dein vor Gott getreten?

Nein, nun schier der Mastbaum bricht,

Schafft der höchste Gott, daß man

Dich, O Stern, erblicken kan.


Zwar von unsers Wandels Sachen,

Der nur Frevel, können wir

Uns gar schlechte Rechnung machen,

Doch kömpt dieser Trost mit dir,

Daß Gott mitten in der Pein

Nicht zu streng' uns werde seyn,


Uns nicht gäntzlich übergeben

In Verwüstung, Raub und Schwerd.

Er verleihe dir nur Leben

Und des Geistes hohen Werth,

Der dich über alles hebt,

Was sonst hoch auff Erden schwebt.


Der, wenn alles Glut wird fassen,

Was wir sehen weit und breit,

Dich auch dort wird herschen lassen

In der güldnen Ewigkeit,

Und verschaffen, daß auch hier

Nichts dir gleich' an Pracht und Zier.


Hierzu nam der Bund der Gnaden

Dich in diesen Tagen auff,

Der der Erb-Schuld dich entladen,

Dich geheiligt durch die Tauff',

Ohne die vor Gott August

Selber ist nur Koth und Wust.
[237]

Wer nicht so wird new gebohren,

Muß vergehn, und wär' er gleich

Mehr als Königlich erkohren

Und hätt' aller Erden Reich,

Wo die Sonne früh' entsteht

Und des Abends untergeht.


Hiedurch lernt ein Fürst sich zwingen,

Eh' er wird der Völcker Zwang,

Wird und bleibt für allen Dingen

Seiner Lüste Zucht und Drang,

Eh' er über Leut' und Land

Streckt die Herrschafft seiner Hand,


Hält von Gottes Bahn geschritten

Für die allerhöchste Pein,

Gottes, welcher seiner Sitten

Richtscheid und Patron muß seyn

Und ein Licht, das seinem Fuß

Nimmer untergehen muß.


Wol uns, wol, wenn nun bey Zeiten

Dich, O Kind, des Himmels Pfand,

Selbst die Gottesfurcht wird leiten

An der Unschuld-reichen Hand,

Und die Tritte, die du thust,

Werden seyn nur Tugend-Lust!


Dieses wird uns baß gefallen,

Baß uns stillen, als wenn du

Möchtest reissen stracks für allen

Auff die blancken Degen zu,

Welches man zwar allermeist

Tapffer, doch auch grausam heist.


Wolte Gott, dein gantzes Leben

Wäre nichts als Sicherheit,

Daß kein Schwerdt wär' auffzuheben,

Ohn wenn selbst das Recht gebeut

Und die Laster, die allein

So gebüsset wollen seyn.


Nichts ist so gewündscht auff Erden,

HERR, wir hoffen es von dir,

Denn du nicht wirst anders werden,

Als die hohe Tugend-Zier

Deiner Eltern, die das Licht

Dir ertheilen, uns verspricht.


Ihr Verstand und thewre Gaben,

Die weit über Menschen sind

Und auß Gott den Ursprung haben,

Schaffen, daß auch du, O Kind,

Also bald du lernest stehn,

Mögest ihren Fußpfad gehn.


O der hochgewünschten Stunden,

Wenn der grosse Vater nun

Seiner SorgenLast entbunden,

Dir sein Stamm-Hauß kunt wird thun

Mit Bericht, daß dieses frey

Aller Tugend Schauplatz sey!


Wenn der hohen Mutter Güte

Auch nach ihres Hauses Art

Dir wird bilden das Gemüte,

Du dabey auch jung und zart

Dahin beugsam wirst gespürt,

Wo dich ihre Zucht hinführt!


Grosse Lichter dieser Erden,

Churfürst und auch Churfürstinn,

Schutz und Zuflucht ewrer Herden,

Haltet über diesem Sinn,

Macht, daß seine Schritt' allein

Unschuld, Recht und Liebe seyn.


Mehrt in ihm der Tugend Flammen,

Mischet Gottesfurcht und Treu'

Allzeit in die Milch der Ammen,

Bringt die Einbildung ihm bey,

Daß er Gott mit Lust und Wahn

Einig seyn müss' unterthan,
[238]

Daß er seinen Untersassen

Müss' ein Bild seyn jederzeit,

Die von ihm Exempel fassen.

Liebet Er Gerechtigkeit,

Wird Gewalt und Unrecht nie

Leichtlich herrschen über sie.


Ist Er feind der Venus Sünden,

Es wird sich der Unzucht Haß

Auch bey ihnen leichtlich finden:

Wer liebt wol Gesöff und Fraß,

Sieht er nie von vielem Wein

Seinen Fürsten truncken seyn?


Ja kein Schiffer sieht so eben

Nach dem Nord-Stern auff der Fluth,

Als wir sämptlich Achtung geben

Auff den Fürsten, was er thut,

Ihn sieht allzeit jederman

Wol mit hundert Augen an.


Nirgends kan er seyn verborgen,

Allenthalben nimmt man war

Seiner Wercke, seiner Sorgen.

Denn die Sonne scheint doch klar,

Wenn sie sich gleich umb die Nacht

Fern von hinnen hat gemacht.


Herren, welche dieß bedencken,

Werden ihren Sinn so bald

Nicht auff etwas böses lencken.

Numa stellt ihm diesen Halt,

Darumb nam auch Rom an Ruh',

Ansehn', Macht und Segen zu.


Constantin und Carl die Grossen

Haben auch durch dieses Mal

Ihre höchst-Gewalt umbschlossen,

Sich gemässigt überall,

Darumb ihre Macht auch trat

Weit, weit über den Euphrat.


Sie sind friedlich hingestorben,

Wo man sie nur sterblich hält,

Und ihr Lob, das sie erworben,

Füllt noch jetzund alle Welt,

Da hingegen Tolch und Gifft

Meistentheils Tyrannen trifft,


Das nicht schadet frommen Herren,

Weil die Liebe sie bewacht.

Nichts verfängt doch sich versperren

Durch der Partisanen Macht,

Ist der Untherthanen Treu',

Huld' und Liebe nicht dabey,


Welche dich, Kind, wird bewachen,

Weil der Unschuld Zucht allein

Deine Gnüg' in allen Sachen,

Deine Frewd und Lust wird seyn,

Und der Höchst' ohn unterlaß

Deiner Werck' und Sinnen Maß.


1. Sonnet.


Der Printz von Brandenburg wird an der Spree gebohren,

Das Kind, darumb viel Bitt' und Thränen sind verlohren,

Gott ist, der Ihn uns schenckt, Loyse, so gebierht

Dir, Fridrich Willhelm, dich mit hoher Heyraht ziehrt.

Es sah' Ihn ein Poet in Königsberg entspringen

(Gott sagt es ihm) und fing darüber an zu singen:

Wer meint, Poeten sey der Götter Spruch nicht kunt,

Daß ihr Geheimnüß sich nicht leg in ihren Mundt?

Wehmütter, geht, ihr müst von der Gebuhrt-Zeit schweigen,

Nun ein Poet von fern sie besser weiß zu zeigen.


[239] 2. Ode.


Süsses Kind, waß wirstu werden?

Denn der Himmel dich, sein Pfand,

Nicht umbsonst uns und der Erden

Schenckt mit so geneigter Hand,

Ohn Verzug und Schmertzen schier

Grüssest du der Sonnen-Ziehr.


Besser Glück ist nicht gewesen,

Als die Venus selbst gelag

Und des Kindes ist genesen!

Also bricht der helle Tag

Durch der Wolcken dickes Zelt

Und so grünt das Vorjahrs-Feldt.


Ob du deiner Mutter Gaben,

Ihrer Zucht Vollkommenheit,

Ihr Gemüthe suchst zu haben,

Wenn du wächsest mit der Zeit,

Wie beliebet wirst du seyn,

Wegen Ihrer, uns allein.


3. Sonnet.


O Sonne, neig' herab die Augen voller Stralen

Und sey bemüht mit Glantz uns diesen Tag zu mahlen,

Der heilig ist und heist, an welchem Gott uns liebt

Und uns der Völcker-Huth, die Fürsten-Sonne giebt,

Der hell von Tugend gläntzt, der ChurErb, der die Gaben

Des Vaters, seinen Witz und Herrschafft-Kunst wird haben,

Der ist uns heut geschenckt; das Licht, so vormahls war

Nur eine Sonne, hat zwo Sonnen jetzund dar,

Und hat am Himmel hell zu scheinen nun begonnen:

Du Ewge Sonne, Gott, erhalt die beyden Sonnen

Zu Ehren dir und zu der Unterthanen Heyl,

Ohn Schmertzen, Kranckheit-Noht, ohn Sorg' und allen Feil,

In diesem hohen Glantz, den sie von dir gewonnen!

Quelle:
Simon Dach: Gedichte, Band 2, Halle a.d.S. 1937, S. 237-240.
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