Unterthänigstes Geleit, als Se. Churfürstl. Durchl. Unser Gnädigster Herr, mit Dero Hochgeliebten Churfürstl. Gemahlin, der Churfürstin, und dem jüngst gebohrnen Churfürstl. Printzen sich bald darauff den 16. WeinM. auß ihrem Hertzogthumb Preussen erhaben, und in die andere Erb-Länder begaben

An Seine Churfl. Durchl. Meinen gnädigsten Churfürsten und Herrn.


Churfürst, der Du meinen Seiten

Beydes Leben bist und Tod,

Blickst Du sie nicht an zu Zeiten,

Stracks gerahten sie in Noht,

Daß sie wieder frölich seyn,

Rührt von Deiner Gnaden Schein.


Wo ich biß hieher gesungen,

Was geführet Geist und Art

Und nicht Bäwrisch hat geklungen,

Das that Deine Gegenwart;

Deine Gegenwart und Gunst

War mir Leben, Muht und Kunst.


Taug' ich jetzt nicht wol an Sinnen

Und entfällt mir Hertz und Hand,

Weil Du dich begiebst von hinnen,

Werd' ich wieder mir entwand,

Darumb thut Menalcas Rohr

Meinem Spiel es auch zuvor.


Ist dieß Wunder? Kältt' und Regen

Nehmen Lufft und Wolcken ein,

Nicht so sehr des Herbstes wegen,

Unser Liecht, als wegen Dein,

Dein betrübter Abschied macht

Alles wüst und kalte Nacht.


Vormals da die wilden Waffen

Und das grosse Krieges-Heer

Uns biß auff die Seele traffen,

Thränen herrschten und Beschwer,

Dennoch warest Du allhier

Unsre Hoffnung, Trost und Zier.


Diese Städt' empfunden Leben.

Gottes, Held, und Deine Hut

Hielten uns genaw umbgeben

Wieder allen Ubermuht

Derer, welchen Ruhm und Danck

Seyn solt' unser Untergang.


Über Wunsch und über Hoffen

Sind wir dieses, was wir sind.

Daß auch uns die Noht getroffen,

Tobt die Ost-See durch den Wind,

Sind die all' in Angst und Pein,

Die in einem Schiffe seyn.


Gnug daß wir wir noch so geblieben,

Nicht durch Sebel und durch Brand

Sind gleich andern auffgerieben.

Daß sich auch der Friedens-Stand

Hie so lang zurücke hält

Und nicht bald kröhnt unser Feld,
[255]

Dieß hat nicht an Dir gelegen,

Unser Boßheit ist die Schuld.

Die verkehrt uns allen Segen,

Die reitzt Gott zur Ungedult,

Die hält mitten in dem Lauff

Fried' und allen Wolstand auff.


Herr, was hast Du unterlassen?

Welches Heil versuchtst Du nicht?

Nein, kein Friede war zu fassen,

Biß Gott selbst die Bahn ihm bricht,

Selbst der Fürsten Hertzen lenckt

Und dieß theure Gut uns schenckt.


Nun Du uns damit versehen,

Bist du stracks auch wieder auff,

Keines Wetters Last, kein Wehen

Hindert Deiner Reise Lauff,

Noch die Seuche, die sich regt

Und schier allen Weg verlegt.


Dieß sind Ewre guten Tage,

O Ihr Fürsten, Ewer Pracht

Wird Euch gnug versaltzt mit Plage

Und mit Sorgen Tag und Nacht,

O wie wol ist der daran,

Der vergessen bleiben kan.


Gott der wolle Dich umbgeben!

Seiner Wächter grosses Heer

Müss' umb Dein Geleite schweben,

Daß kein Unfall Euch gefähr'

Und die Weg' und Herberg rein

Von der Pest und Kranckheit seyn.


Er gesegne Deine Wercke,

Nichts verkehre Deinen Raht,

Wachs' an Hoheit, wachs' an Stärcke,

Biß Dein Vorsatz werde That,

Und Du aller Feinde Macht

Unter Deinen Fuß gebracht.


An Ihre Churfürstl. Durchl. Meine gnädigste Churfürstinn und Fraw.


Himmel, dein gewünschtes Pfand,

Unsre Churfürstinn, wil reisen,

Schütz du Sie mit starcker Hand

Für der Pest, für Sturm und Eisen,

Thu des Herbstes Trawrigheit,

Kält und Nebel an die Seit.


Halt' die Wind' in ihrer Klufft,

Laß den Bäumen Ihre Blätter,

Schmück den weiten Raum der Lufft

Mit dem liebsten Vorjahrs-Wetter,

Laß des Weges Last, die Stein',

Eitel Woll' und Rosen seyn.


Denn in unser grossen Noht,

Da man nichts hie sahe walten

Als Verwüstung, Flucht und Tod,

Hat Sie bey uns außgehalten,

Welches uns in der Gefahr

Eine starcke Mawer war


Und ein Leitstern in der Nacht.

Denn wär' uns der Muth entfallen,

Hätte Sie sich weggemacht.

Nein, Sie stund bey uns für allen.

Unsre Trübsal, Furcht und Pein

Hatte Sie mit uns gemein.


Dieses ist das feste Band

Zwischen Herrn und Untersassen,

Und kein starcker Diamant

Wird genawer Sie umbfassen,

Als trit ein Regent in Noht

Mit in seines Volckes Both.


Was? in dieser Krieges-Fluth,

Die uns stets den Tod gedrewet,

Hat Ihr Fürstlich-keusches Blut

Mit Geburt uns auch erfrewet,

Und durch ein gewünschtes Pfand

Hoch beseligt dieses Land.
[256]

So sol jenes Vöglein auch

Sich an keine Wellen kehren

Und nach eingepflanztem Brauch

Mitten in der See gebehren,

Da in dessen Fluth und Wind

Allzeit still und friedlich sind.


Sagt dieß Zeichen uns nicht zu,

Daß die wilden Krieges-Wellen,

Die umbher sind, uns in Ruh

Dennoch endlich werden stellen,

Drumb des Printzen Nahm' allein

Von dem Friede müssen seyn?


Dieses, O Churfürstinn, macht,

Daß, nachdem Du zeuchst von hinnen,

Dir wir alle gute Nacht

Geben mit betrübten Sinnen

Und wie Kinder, lässt Sie nun

Ihre Mutter, kläglich thun.


Warumb eilest du so sehr?

Ist es müglich unsert wegen?

Spürst Du hie nicht Lieb' und Ehr,

Und was ist Dir sonst entgegen?

Endlich wenn Dich umb und an

Nichts allhie behalten kan,


Wir so unglückselig sind,

Uns die Satzung scheint zu hassen,

Wenn Du noch das süsse Kind

Uns zum Pfande möchtest lassen,

Welches unser scheint zu seyn

Wegen der Geburt allein:


Nein, auch dieß wird uns versagt.

Folg der Satzung Deiner Sachen,

Zeuch, der Kummer so uns nagt,

Lässet uns kein Wort mehr machen,

Daß auch keiner, wie Er sol,

Schier kan sprechen: Lebe wol!


An den Churfürstl. Printzen Meinen gnädigsten Fürsten und Herrn.


So must auch Du schon reisen,

Du junges Fürsten-Blut,

Und hiedurch uns beweisen

Der Satzung ernsten Muth,

Wie daß hinfort Dein Leben

Nichts anders werde seyn

Als reisen und stets schweben

In Arbeit, Sorg' und Pein.


Was lässest Du Dich treiben?

Dein Vaterland ist hier.

Du möchtest wol hier bleiben,

Dein trewes Volck sind wir.

Du dürfftest so nicht eilen,

Wir wolten ohn Beschwer

Das Hertz auch mit Dir theilen,

Im fall es müglich wär'.


Als Deine Eltern beyde

Sich her zu uns gemacht,

Ein Trost in unserm Leide,

Ein Licht in unsrer Nacht,

Wo ist Dein Bruder blieben?

Behielt ihn nicht Berlin?

Ob sie ihn minder lieben,

Dich suchen vorzuziehn?


Wie fürchten wir das Wetter!

Ja wär' es Vorjahrs-Zeit,

Der Wald gewinne Blätter,

Das Feld sein grünes Kleid,

Nun ist der Herbst zugegen,

Der Mörder aller Lust,

Der sich beginnt zu regen

Mit Flüssen, Pest und Wust.


Hättst Du noch Krafft gewonnen,

So hätt' es nicht Gefahr.

Seit Du dich zeigst der Sonnen,

Ist hin ein Viertheil Jahr.

So zart must Du von hinnen.

Fahr wol, Du Hertz und Zier

Der Deinen, mit den Sinnen

Bleib' aber allzeit hier.


Der Ort, da wir gebohren,

Nimmt uns für andern ein,

Laß uns auch außerkohren

Und stets dein eigen seyn.

Wohin Du kömpst, geschehe

Dir alle Gnüg' und Ehr,

Fahr wol, ich aber sehe

Hinfort Dich nimmermehr.

Quelle:
Simon Dach: Gedichte, Band 2, Halle a.d.S. 1937, S. 250-251,255-257.
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