[Ein Denckmahl dir zu schreiben]

Ein Denckmahl dir zu schreiben,

Herr Kröl, ist meine Pflicht,

Ich muß es lassen bleiben,

Die Kranckheit lässt mich nicht:

Bey dieser Hitze singen,

Vnd seiner mächtig seyn,

Ist Tag aus Nacht erzwingen

Vnd Wasser aus dem Stein.


Chimären Vngehewer,

Augien Stall und Wust,

Vnd, Sterope, dein Fewer

Wohnt itzt auff meiner Brust,

Für Hitze meiner Lungen

Ist gar kein Speichel schier

Auff meiner schwachen Zungen

Vnd alles glut bey mir.


Kein Hirsch kömpt so geronnen

Vnd lescht den Schlangen-stich

Mit einem kühlen Bronnen,

Noch Tantal sehnet sich

So ängstig nach den Quellen,

Als ich, ob eine Kunst

Mir endlich möchte fällen

Den grossen Durst. Umbsonst.


Der Artzt ist selbst dawider

Setz' ich die Feder an,

Spricht: Dieses schwächt die Glieder,

Laß schreiben wer da kan.

Lass' ich es nach? mit nichten,

Die Liebe treibt mein Spiel,

Ich muß dir etwas tichten,

Es klinge wie es wil.
[292]

Doch wie sol das nicht klingen

Was wahre Treu erdacht,

Vnd Freundschafft lehret singen?

Kein schöner Music-Pracht

Kan also Gott gewinnen

Als wenn ohn falschen Neid

Ein Band von trewen Sinnen

Macht' ein' Einhelligheit.


Offt sind wir zu dir kommen

Der selig' Albert, ich.

Dein Gart hat auffgenommen

Vns beyde brüderlich,

Wie liessest du da blicken

(Wo ist die süsse Ruh?)

In tausent Liebes-Stücken

Dich und dein Hertz dazu.


In dem da auff uns hielten

Lufft, Bäume, Vögelein

Vnd wir zusammen spielten,

So sangest du darein,

Da ward kein Wort verlohren

So üppigheit gesucht,

Da hat man nicht geschworen,

Da hat man nicht geflucht.


Es ward da nicht gefehdet,

Kein Mensch ward da zerlegt

Und hinterrücks beredet

Wie zu geschehen pflegt.

Das Gras des Höchsten Güte,

Der Erden reicher Leib,

Die Bäum' und ihre Blüte

War unser Zeit-vertreib.


Nun ist dies Band zerstücket,

Erst Albert unser Sinn

Ist lang hinweg gerücket,

Jetzt fährest du auch hin,

Ich rühre noch die Glieder,

Doch fehlt es nur ein Haar,

So lieg' ich auch danieder

Vnd ziere meine Baar.


Wie aber ist es kommen,

Daß du durch diesen Fall

Vns bist hinweg genommen?

Mein Sinn forscht überall.

That es dein böses Leben?

Kein Kind kan frömmer seyn.

Warst du dem Soff ergeben

Vnd andern Lastern? nein.


Wenn hat man nicht gesehen

Dich in der Frommen Raht

Gott umb Erbarmung flehen

In unsrer Missethat?

O wohnte bey uns allen

Nur deine Frömmigheit,

Er hätt' uns nicht befallen

Der Jammer dieser Zeit,


Dieß grausam Vngewitter

Für welches letzten Noht

Ich wie ein Laub erzitter'

Vnd bleibe nur nicht tod.

Es sind der Satzung Hände

Die machen es mit dir,

Du lieber Freund, ein Ende,

Und holen dich von hier


In deine stille Kammer,

In deine stoltze Ruh.

Du hast für allem Jammer

Da Aug- und Ohren zu,

Was etwa heut und morgen

Vns hie begegnen sol,

Da-lässt du uns-für sorgen,

Du aber schläffest wol.


Vnd hast du nicht empfunden

Was Lust die Eh gewehrt,

So waren auch nicht Wunden

Die deinen Tod beschwert.

Kein schlechtes ists verscheiden

Und Weib und Kind allein,

Wer weis zu welchem Leiden,

Hie lassen übrig seyn.
[293]

Leb wol in solchen Wonnen

In solchem hellen Pracht,

Für dem der Glantz der Sonnen

Ist eine finstre Nacht!

Dein Grab müss' ewig grünen,

Die Nymfen müssen dir

Asch' und Gebein bedienen

Mit allzeit-stiller Zier:


Ich wäre schier gewesen,

Mein Durst nimmt aber Ruh,

Ich scheine zu genesen,

Gott weis allein wozu:

Ihm hab ich Danck zu sagen,

Er längert mir den Lauff:

Doch kompt zu grössern Plagen

Ihm mancher wieder auff.

Quelle:
Simon Dach: Gedichte, Band 4, Halle a.d.S. 1938, S. 282-283,292-294.
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