Betrachtung Christi Blutvergießens

[493] O Theures Blut! O rothe Fluth!

Wie quillst du aus den Wunden,

Die mit unerhörter Angst

Jesus hat empfunden.


Ach theurer Fluß! Ach theurer Fluß,

Ich muß mit dir die Seele laben!

Sonsten kan sie in der Welt

Keinen Labsal haben.


Fleuß auf sie zu, und schaff ihr Ruh,

Wann sie die Sünde naget,

Wann sie fühlet Höllen-Angst

Und nach Troste fraget.


O Gottes Sohn, mein Gnaden-Thron;

Du stirbst auf daß ich lebe,

Und an dir, O Weinstock,

Sey eine grüne Rebe.
[493]

Ich Sündenknecht bin ungerecht,

Mein Fluch wird mir zum Segen,

Dann ich bin des Höchsten Kind

Meines Jesus wegen.


Ich dancke dir, O Himmels-Zier,

Daß du für mich gelitten,

Daß du sterbend meinen Tod

Ritterlich bestritten.


O Pelican, O reiner Schwan,

Laß solches mich bedencken,

Bis man endlich meinen Leib

Wird ins Grab versencken.


Dann leb ich wol, gleich wie ich sol,

Und sterb in deinem Namen,

Komm du theures A und O,

Mich zu holen, Amen.

Quelle:
Simon Dach: Gedichte, Band 4, Halle a.d.S. 1938, S. 493-494.
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