Christliches Sterblied

Wo wil es hin mit meinem Hertzen

Dem merklich alle Kräfft' entgehn?

Ich sehe nichts in diesen Schmertzen

Als Tod und Grawen vor mir stehn:

Nichts ist zu hoffen, nichts zu werben,

Beschick dein Hauß, Mensch, du must sterben.


Wo laß ich mich nach diesem Leben?

Der Leib gehört der Erden zu,

Der sey er wieder übergeben,

Daselbst empfind er seine Ruh,

Wenn ihn die Würme gleich verzehren,

Ich kan es jhnen doch nicht wehren.


Wo wird mein' arme Seele bleiben?

Die sieht durch eine breite Bahn

Die in der Hellen Abgrund treiben

Die böses busselos gethan,

Die Christo hie ergeben waren

Den engen Steig gen Himmel fahren.


Gott der du anfangs meine Seele

Tieff unter mütterlichem Schoß

Gesenckt in dieses Leibes Höle

Vnd machst sie jetzt auch wieder loß,

Weil wir dich Tod und Leben sehen

Stets auff gerechten Händen drehen,


Vergib und laß seyn ungerochen

Durch deines Sohnes Blut und Tod

Dieß was ich hie und da verbrochen,

Sieh meines Hertzens grosse Noht,

Vnd mein geängstetes Gewissen,

Das Rew und Busse gantz zerrissen.


Wend ab des Sathans List und Pfeile

Vnd thu ihm starcken Widerstandt,

Vnd weil ich jetzt von hinnen eile,

Nimm meinen Geist in deine Hand,

Den Christus tewer ihm erworben,

Als er unschuldig ist gestorben.


Thust du es? ja, so komm behende,

Komm, Tod, und kürtz mir meine Pein,

Brich an mit einem seelign Ende,

Ich wil nur auffgelöset seyn.

Wer Christo gläubig sich ergeben

Der stirbt und wird ihm ewig leben.

Quelle:
Simon Dach: Gedichte, Band 4, Halle a.d.S. 1938, S. 209-210,235.
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