Kunst hie geruhig zu leben und selig zu sterben

Wer ist der gnügsam leben

Vnd selig sterben wil?

Ich weis jhm Raht zu geben:

Er halte Gott fein still

Vnd schätze wegen seiner Schuld

Sich aller Straff wehrt in Gedult,

Gott bleibet doch die Ehr' allein,

Er muß nur Meister seyn.


Ein Mensch, die arme Made,

Wie mächtig er sich hält,

Hat er nicht Gottes Gnade,

Was nützt ihm alle Welt?

Hie hilfft kein Hertz, kein Lewen-Muth

Kein Adel, kein Geschlecht, kein Gut,

Wer Demuth für dem Herren hat

Weis seinen Sachen Raht.


Wie hoch wer ist auff Erden,

Wie sehr er mus geehrt,

Wie sehr gefürchtet werden,

Ob sich sein Ansehn mehrt,

Ob alles jhm nach Wunsch ergeht,

Vnd dienstlich zu Gebote steht,

Kömpt jhm ein Fieberchen nur bey,

So merckt er, wer er sey.


Kömpt aber gar sein Ende,

Der Todt streckt nach Ihm auß

Die abgefleischten Hände,

Gemahlin, Kinder, Hauß,

Gut, Freundschafft, alle Herrlicheit

Sind vnd verbleiben dieser Zeit,

Er stirbt verlassen vnd allein,

Was regt sich da für Pein!


Wird dann nicht bey jhm funden

Der Rew vnd Demuth Preiß,

Wo Er zu Christi Wunden

Nicht schnelle Zuflucht weis,

So muß er nur verzweiffelt stehn,

Vnd ewig, ewig vntergehn,

Ihm hilfft es nichts, vnd hat er gleich

Der Erden gantzes Reich.


Nun heisst Gott alle scheiden

So bald es jhm gefällt,

Dann ist der Spruch zu leiden

Deß Richters aller Welt:

O Mensch, nimm stündlich deiner wahr,

Entkomm durch Busse der Gefahr,

Sie giebet Ruh in dieser Zeit,

Vnd dort die Seligkeit.

Quelle:
Simon Dach: Gedichte, Band 3, Halle a.d.S. 1937, S. 93-94,98.
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