Sterb-Lied

O Wer doch vberwunden hette,

Vnd lege todt dahin gestreckt,

Empfinde Rhue in seinem Bette

Mit frischer Erde zugedeckt!

Nur wie du, o Seele,

Deines Cörpers Höle

Jetzund von dir thust,

Wenn du dich entbindest

Vnd dort oben findest

Deine wahre Lust.


Hie wurdestu zwar sehr betrübet,

Erfuhrest viel vnd grosse Pein;

Doch weil der Höchste dich geliebet,

So kuntt' es gantz nicht anders seyn,

Creutz, die Zucht der Frommen,

Must auff dich auch kommen,

Biß dich Gott bewehrt

In Gedult befunden,

Der dich nun entbunden

Vnd zu sich begehrt.
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Jetzt siehstu da sampt den Gerechten

Den wahren Gott, die höchste Ruh,

Kein Leid muß dich da mehr anfechten,

Vnd keine Plage kan dir zu:

Dieses arme Leben

Ist mit Angst vmbgeben,

Dort ist Herrlicheit,

Ist Gewinn ohn Schaden.

Wer ist, der in Gnaden

Vns auch bald befreyt?


Gott, dieß hast du in deinen Händen,

Du hast den Geist vns zugewandt,

Du hilffst jhm auch dieß Leben enden,

Vnd nimmst jhn in sein Vaterlandt,

Ach laß vns von Sünden,

Die wir an vns finden,

Zeitig abgethan

Hier auß diesen Thränen,

Auß Aegypten sehnen

In dein Canaan.

Quelle:
Simon Dach: Gedichte, Band 3, Halle a.d.S. 1937, S. 29-30,32-33.
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