Abschieds-Lied

Dem Ehrenvesten, Vornehmgeachten vnd in vieler Lehr vnd Kunst wolgeübten H. Robert Robertihn, Alß er im Augustus Mond des 1634. Jahres auß Preussen in die Marck zu ziehen gedachte, zu sonderlichen Ehren geschrieben von Simon Dachen.


Ihr zieht, Herr Robert, auch nun hin,

Vnd ich hab' euch mein Hertz verpfändet,

Was ist nun, daß jhr meinen Sinn

Vnd meine Seele mir entwendet?


Denckt nach, wie sich mein Geist betrübt,

Vnd wie sich meine Seele mühet,

Daß Ihr, den sie so hertzlich liebt,

So weit vns auß den Augen ziehet.


Was nützt es nun, daß du der Welt,

O Leben, länger wilt geniessen?

Jetzt wil ich, wenn es dir gefellt,

Die Rechnung meiner Tage schliessen.


Mein Robert wil das Hertze mir,

Den Sinn vnd auch die Seele rauben,

Ich muß hie wallen für vnd für

Gleich einer waisen Turteltauben.


Die Künste, die ich vor geehrt,

Mein Seitenspiel, mein süssen singen

Wird nachmahls nicht mehr angehört,

Er pflag hiezu mich auffzubringen.


Er hat die Geister mir geregt,

Er pflag die Seiten mir zu stimmen,

Ich hofft' auch schon von jhm bewegt

Durch Kunst die Sternen zu erklimmen.
[24]

Was sol mir nun mein Seitenspiel?

Was sol der Musen Volck zusammen?

Sie richten nichts, ich muß vnd wil

Sie ins vergessen hin verdammen.


So viel ich vor von dir gewust,

So viel ich vor von dir gehalten,

So sehr, Apollo, wird die lust

Zu dir hinfort bey mir erkalten.


Wo lob vnd Ruhm der Kunst gebricht,

Da wird sie zum Verdruß bewogen,

Vnd muß verleschen, wie ein Liecht,

Dem seine Nahrung wird entzogen.


Ach daß ich armer doch bißher

So wol nicht meiner war genommen

Alß ich zwar kuntt. O daß ich wer'

Im Tage zehnmahl zu jhm kommen,


So hett' ich sein dies gantze Jahr

Vmb so viel mehr geniessen können,

Da ich nun wil, so wil mir gar

Das Glück sein beysein nicht vergönnen.


Ein Mensch erkennet nie so wol

Das gute, so er hat auff Erden,

Alß damahls, wenn er dessen sol

Durch Flucht der Zeit beraubet werden.


Ich klag', vnd weiß nicht was ich thu,

Herr Robert, Ihr zieht doch von hinnen,

Hilfft etwas, daß ich ohne Ruh

Mich kränck' vnd gräme fast von Sinnen?


Gantz nichts, wo Gott euch vnd das Glück

Schon wollen hin bestellet wissen,

Von dannen werdet Ihr zurück

Durch meine Klage nicht gerissen.


Mir zweiffelt nicht, dies werde seyn

Der Weg zum Lohn für ewre Tugend,

Vmb die Ihr so viel Staub vnd Pein

Ertrugt vom Anfang' ewrer Jugend.


Die Ihr in aller Welt gesucht,

Biß daß Ihr endlich sie gefunden,

Mit welcher Lehr' vnd güldnen Zucht

Ihr auffs genawest' euch verbunden.


Die darumb Euch so hoch schon hebt,

Dahin von vnten ich nicht schawe,

Wo der berühmten Nahme schwebt,

Vnd ich zu stehn mir nicht getrawe.


Die Tugend, wie sie sey, hat noch

Nicht einen vnbelohnt gelassen,

Verzeucht sie gleich, sie findt sich doch,

Vnd wird die rechte Zeit wol fassen.


Drumb zieht, wohin Gott auß der Höh'

Euch winckt, die heilig' Himmels-Schaaren

Seyn vmb euch her zu Land' vnd See,

Auff daß Ihr sicher möget fahren.


Die harten Winde müssen sich

Auß jhren Felsen gar nicht rühren,

Du Ost-Nord-Ost nur schicke dich

Ihn an gewünschten Port zu führen.
[25]

Ihr Himmels Augen, die Ihr steht

Das Meer zu stillen vnd zu regen,

In dem mein Freund zu Segel geht,

Schawt, daß Ihr seiner möget pflegen.


Die dicken Wolcken halten an

Ihr Vngemach vnd faules feuchten,

Daß auch vmb Amphitriten Bahn

Kein Donner sey, kein Wetterleuchten.


Nur Ihr, Herr Robert, seyd bedacht,

Daß Ihr euch bald' vns wieder gebet,

Vnd vnterdessen Tag vnd Nacht

Im besten vnser indenck lebet.


Vnd, wie nach allem recht gebührt,

In dem Ihr geht auß diesem Lande,

Vnd manchem seine Seel entführt,

So laßt vns ewre hie zum Pfande.

Quelle:
Simon Dach: Gedichte, Band 1, Halle a.d.S. 1936, S. 19-20,24-26.
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