|
[8] 24. Mai 1631.
Es stünde mit der Erden
Wann lieben solte werden
Von Menschen abgethan,
Alß wann der Sonnen wagen
Dem leuchten wolt' entsagen
Auff seiner Himmels Bahn.
Denn ist auch zu ermessen,
Was täglich wird gefressen
Für Volk durch Krieg vnd Schwerd,
Vnd was hievor noch blieben,
Muß sonst wie Rauch verstieben,
Durch Pest vnd Brand verheert.
[8]
Man fehrt in grossen Scharen
Nach so viel Tausent Jahren
Noch durch des Charons Meer,
Doch sind da keine Wellen,
Die einen nur zur stellen
Hie brächten wieder her.
Die Sonne geht zwar nieder,
Kömpt aber täglich wieder,
Der Wald lest seine Pracht,
Doch wird er wieder gläntzen,
So bald im frischen Lentzen
Die Sonn' Ihn angelacht.
Hat sich der Mond verlohren,
Wird wieder doch gebohren,
Das Meer leufft ab vnd zu,
Der aber kömpt nicht wieder,
Der sich nur einmahl nieder
Legt zu der langen Ruh.
Die Welt wer' vntergangen
Da sie kaum angefangen
In Ihrer Kindheit schon,
Daß aber sie noch lebet,
Auch noch zu leben strebet,
Das ist der Liebe thun.
Die Lieb' allein kan machen
Was nur von schönen Sachen
Wird jrgends angeschawt,
Durch sie hat müssen werden
Das Fewr, Lufft, Wasser, Erden,
Der Himmel auch erbawt.
Daß sich ein Wald verjünget,
Daß hie ein Vogel singet,
Das dort wird Wild gespürt,
Daß Bäume Früchte hegen,
Das Graß wächst nach dem Regen,
Von Liebe solches rührt.
Wann alles dieß zusammen
Durch Hitz' vnd Macht der Flammen
Wird werden Rauch vnd Wind,
Wird doch die Liebe stehen,
Vnnd ewig nicht vergehen,
Weil sie Gott selbst entzündt.
Er wird durch sie getrieben
Die ewiglich zu lieben,
So er Ihm hat erwehlt,
Eh alß die Welt gegründet
Mit allem was man findet,
Eh alß man Stunden zehlt'.
Alßdann wird man erkennen,
Was wir nur Träwm' jtzt nennen,
Wie sehr er vns geliebt,
Wie er sich vns verbunden,
Wann er durch seine Wunden
Vns Ihm selbst wiedergiebt:
Was sey vom Himmel steigen,
Sich vor dem Menschen neigen
Den er selbst hat gemacht,
Was sey Frost, Hitz' erleiden,
Durst, Hunger, Schmach vnd neiden,
Von Sündern seyn verlacht.
Demnach, der sich ergeben
Im Liebes Joch zu leben,
Der irret gäntzlich nicht,
Wann er sich nur nicht mühet,
Am Joch der Vnzucht ziehet,
Die ausser dieser Pflicht.
Die böse Lust verschwindet,
An Ihre stat sich findet
Leid, Seelenweh' vnd Schand',
Ein Ehlich Leben bleibet,
Leid, Trawrigkeit vertreibet,
Bringt gut Gerücht' im Land'.
Ihr werdet besser wissen
Was der hat zu geniessen,
Herr Bräutgam, der so lebt,
Wenn Ihr in diesem Stande
Der Liebe keuschem Bande
Ewr Leben erst anhebt.
Ich acht' halb derer Leben,
Die sich nicht weiter geben,
Vnnd müssen so davon,
Der seinen guten Nahmen
Hin erbt auff seinen Saamen,
Der lebt vnd stürb' er schon.
Buchempfehlung
Diese »politische Komödie in einem Akt« spiegelt die Idee des souveränen Volkswillen aus der Märzrevolution wider.
30 Seiten, 4.80 Euro
Buchempfehlung
Zwischen 1765 und 1785 geht ein Ruck durch die deutsche Literatur. Sehr junge Autoren lehnen sich auf gegen den belehrenden Charakter der - die damalige Geisteskultur beherrschenden - Aufklärung. Mit Fantasie und Gemütskraft stürmen und drängen sie gegen die Moralvorstellungen des Feudalsystems, setzen Gefühl vor Verstand und fordern die Selbstständigkeit des Originalgenies. Für den zweiten Band hat Michael Holzinger sechs weitere bewegende Erzählungen des Sturm und Drang ausgewählt.
424 Seiten, 19.80 Euro