David Dargatz und Maria Vogler

[8] 24. Mai 1631.


Es stünde mit der Erden

Wann lieben solte werden

Von Menschen abgethan,

Alß wann der Sonnen wagen

Dem leuchten wolt' entsagen

Auff seiner Himmels Bahn.


Denn ist auch zu ermessen,

Was täglich wird gefressen

Für Volk durch Krieg vnd Schwerd,

Vnd was hievor noch blieben,

Muß sonst wie Rauch verstieben,

Durch Pest vnd Brand verheert.
[8]

Man fehrt in grossen Scharen

Nach so viel Tausent Jahren

Noch durch des Charons Meer,

Doch sind da keine Wellen,

Die einen nur zur stellen

Hie brächten wieder her.


Die Sonne geht zwar nieder,

Kömpt aber täglich wieder,

Der Wald lest seine Pracht,

Doch wird er wieder gläntzen,

So bald im frischen Lentzen

Die Sonn' Ihn angelacht.


Hat sich der Mond verlohren,

Wird wieder doch gebohren,

Das Meer leufft ab vnd zu,

Der aber kömpt nicht wieder,

Der sich nur einmahl nieder

Legt zu der langen Ruh.


Die Welt wer' vntergangen

Da sie kaum angefangen

In Ihrer Kindheit schon,

Daß aber sie noch lebet,

Auch noch zu leben strebet,

Das ist der Liebe thun.


Die Lieb' allein kan machen

Was nur von schönen Sachen

Wird jrgends angeschawt,

Durch sie hat müssen werden

Das Fewr, Lufft, Wasser, Erden,

Der Himmel auch erbawt.


Daß sich ein Wald verjünget,

Daß hie ein Vogel singet,

Das dort wird Wild gespürt,

Daß Bäume Früchte hegen,

Das Graß wächst nach dem Regen,

Von Liebe solches rührt.


Wann alles dieß zusammen

Durch Hitz' vnd Macht der Flammen

Wird werden Rauch vnd Wind,

Wird doch die Liebe stehen,

Vnnd ewig nicht vergehen,

Weil sie Gott selbst entzündt.


Er wird durch sie getrieben

Die ewiglich zu lieben,

So er Ihm hat erwehlt,

Eh alß die Welt gegründet

Mit allem was man findet,

Eh alß man Stunden zehlt'.


Alßdann wird man erkennen,

Was wir nur Träwm' jtzt nennen,

Wie sehr er vns geliebt,

Wie er sich vns verbunden,

Wann er durch seine Wunden

Vns Ihm selbst wiedergiebt:


Was sey vom Himmel steigen,

Sich vor dem Menschen neigen

Den er selbst hat gemacht,

Was sey Frost, Hitz' erleiden,

Durst, Hunger, Schmach vnd neiden,

Von Sündern seyn verlacht.


Demnach, der sich ergeben

Im Liebes Joch zu leben,

Der irret gäntzlich nicht,

Wann er sich nur nicht mühet,

Am Joch der Vnzucht ziehet,

Die ausser dieser Pflicht.


Die böse Lust verschwindet,

An Ihre stat sich findet

Leid, Seelenweh' vnd Schand',

Ein Ehlich Leben bleibet,

Leid, Trawrigkeit vertreibet,

Bringt gut Gerücht' im Land'.


Ihr werdet besser wissen

Was der hat zu geniessen,

Herr Bräutgam, der so lebt,

Wenn Ihr in diesem Stande

Der Liebe keuschem Bande

Ewr Leben erst anhebt.


Ich acht' halb derer Leben,

Die sich nicht weiter geben,

Vnnd müssen so davon,

Der seinen guten Nahmen

Hin erbt auff seinen Saamen,

Der lebt vnd stürb' er schon.

Quelle:
Simon Dach: Gedichte, Band 1, Halle a.d.S. 1936, S. 8-9.
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