Johannes Vogler und Barbara Maack

[110] 1642. 20. Jenner.


Liebster Ohm, was schreib ich schier,

Sag es mir,

Deinem Hochzeit-Fest zu Ehren?

Sol ich deiner Liebe Gunst

Durch die Kunst

Heller Seiten lassen hören?
[110]

Singen, wie du endlich noch

An das Joch

Süsser Heyraht auch bist kommen?

Wie dich meiner Liebe Bandt,

Diesen Standt

Zu ergreiffen, eingenommen?


Zwar ich kan versichert seyn,

Daß du fein

Dich zu friede werdest geben,

Baß mit Gott vnd deinem Sinn',

Als vorhin,

Friedlich vnd vergnüget leben.


Kan auch ein beredter Mundt

Auff den Grundt

Alle Heyrahts-Früchte preisen?

Wer mir dießfals wiederspricht,

Kömpt mir nicht

In die schöne Zahl der Weisen.


Du wirst nicht, wie ich auch pflag,

Jeden Tag

Mehr an frembde Tische gehen,

Nicht, so lang der Haußwirth wil,

Jetzund still

Sitzen bleiben, dann auffstehen.


Kanst nun essen vnbekränckt,

Was Gott schenckt,

Vnd auch trincken nach belieben,

Trägst für keinen Stunden Schew,

Schläffest frey

In den Tag auch biß nach Sieben.


Sind wir vnterdessen gleich

Nicht so reich,

Daß wir stets viel Tausent heben,

Ey so giebt Gott täglich Brodt,

Heisset Noht

Von vns fern seyn, daß wir leben.


Niemand stirbt nicht, daß er Geldt

Filtzig hält

Tieff vnd Höllen-ab vergraben,

Sondern, daß er vmb vnd an

Das nur kan,

So vns täglich sat macht, haben.


Dieß vnd mehr noch sollt' ich wol

Frewden-voll

Dir, mein Ohm, zu Ehren schlagen,

Aber vnsre Trawer-Zeit

Zwingt mich heut

Aller Frewde zu entsagen.


Gestern ward mit Klag'vnd Pein

Das Gebein

Adam Oeders eingesencket,

Ach! des Mannes Todt hat mich

Gleich wie dich

Ebenmässig gantz durchkräncket.


Ach! wer hat an jhm doch nicht

Freundschafft, Pflicht,

Trew vnd Redlicheit geehret?

Drumb er auch nicht in die Welt,

Die nur hält

Auff politisch seyn, gehöret.


Jetzt nun soltt ich Seiten-Klangk

Vnd Gesang,

Wie ich pflege, lassen walten?

Soltte, der mir stets mit Raht,

Offt durch That

Beykam, so vergessen halten?


Nein, der Höchste lass' Euch zwey

Allerley

Glück vnd Segen überschütten,

Werdet fruchtbar, grünt vnd blüht,

Biß jhr flieht

Lebens-sat auß dieser Hütten!


Mir sol dieser liebe Mann,

Wie er kan,

Immerfort zu Hertzen gehen,

Klag' vnd Seufftzen, sein Gebühr,

Sol bey mir

Ewiglich jhm nicht entstehen.

Quelle:
Simon Dach: Gedichte, Band 1, Halle a.d.S. 1936, S. 110-111.
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