[69] Vor 1640.
Lesbia, mein Leben,
Hat sich mir ergeben
In gewünschter Pflicht,
Ich wil bey jhr stehen,
Biß ich werde gehen
Hie auß diesem Licht:
Was vor Leid
Ich jeder zeit
Vmb sie hab' ertragen müssen,
Wil ich jetzt beschliessen.
Die gewünschten Frewden,
So sie vor mein Leiden
Mir ertheilen wil,
Sol kein Leid beschweren,
Ja sie sollen wehren
Ohne maaß vnd Ziel:
Ihre Zier
Wil einig mir
Sich in allen Liebes-fällen
Zn gebothe stellen.
Aller Pracht vnd Prangen
Ihrer süssen Wangen,
Ihr Korallen-Mund:
Ihre zarten Hände,
Ihrer Armen Bände
Sind mir nun vergunt:
Ehe muß
Ein vberfluß
Als ein Mangel in den Sachen
Mich verdrossen machen.
Sind im Obst viel Kerne,
Viel am Himmel Sterne,
Wirfft der Nord viel Schnee:
Sind viel rauhe Wellen,
Wenn die Wind bellen
Auff der wüsten See:
Mehr sind Küss,
Ich weiß gewiß,
Die sie mir zum Liebes Zeichen
Wird mit Willen reichen.
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Solt ich solcher massen
Mich gerewen lassen
Meiner Sorg vnd Pein?
Wer auff sein Verdriessen
Dieß hat zu geniessen,
Kan nicht Elend seyn:
Elend kan
Nicht sein der Mann,
Dem sein Lieb auff alles Leiden
Lohnt mit solchen Frewden.
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Diese Blätter, welche ich unter den geheimen Papieren meiner Frau, Jukunde Haller, gefunden habe, lege ich der Welt vor Augen; nichts davon als die Ueberschriften der Kapitel ist mein Werk, das übrige alles ist aus der Feder meiner Schwiegermutter, der Himmel tröste sie, geflossen. – Wozu doch den Weibern die Kunst zu schreiben nutzen mag? Ihre Thorheiten und die Fehler ihrer Männer zu verewigen? – Ich bedaure meinen seligen Schwiegervater, er mag in guten Händen gewesen seyn! – Mir möchte meine Jukunde mit solchen Dingen kommen. Ein jeder nehme sich das Beste aus diesem Geschreibsel, so wie auch ich gethan habe.
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