Ludwig Keppler und Anna Reimer

[75] 2. Jan. 1640.


Kap. 31. aus den Sprüchen Salomonis.


Der Mann ist erst zu erheben,

Ist erst thewren Lobes werth,

Dem in diesem armen Leben

Ist ein sittsam Weib beschert,

Sie geht vor, an Thugend-Scheine,

Auch dem besten Demant-Steine,

Den der Jud' aus Osten schickt.

Was hat sich jhr Mann zu krencken?

Sie wird stets auff Nahrung dencken,

Thun, was seine Seel erquickt.


Sie ist thättig aller enden,

Kan mit Woll vnd Flachs vmbgehn,

Spinnt vnd wirckt mit jhren Händen,

Niemand sieht sie müssig stehn

Gleich dem Schiffe, das mit Wahren

Weit kombt über See gefahren,

Schon des Nachts ist sie herauß,

Spielt zusammen Magd vnd Mutter,

Gibt den Dirnen Speis', vnd Futter

Täglich durch jhr gantzes Hauß.


Sie denckt vmb nach einem Acker,

Käufft jhn an sich, pflantzet Wein,

Ihrer Arme Krafft muß wacker

Etwas anzugreiffen seyn.

Sie versteht, was nutz vnd frommen

Muß aus jhrem Handel kommen,

Ihre Leucht' erlischet nicht

Fast die gantze Nacht durch spinnen,

Vnd auff allen Wolstand sinnen,

Schätzet sie vor jhre Pflicht.


Sonderlich mit jhrem Segen

Hülfft sie gern den Armen fort,

Sie verwahrt jhr Hauß für Regen,

Vngewitter, Schnee vnd Nord,[75]

Sie weiß sich mit weisser Seyden

Vnd mit Purpur anzukleiden,

Weiß durch schweigen vnd verstand

Rhum auff jhren Mann zu setzen,

Daß man jhn muß seelig schätzen

Hin vnd wieder durch das Land.


Sie verkäufft dem Krämer Sachen,

Die sie selbst verfertigt hat,

Sauberkeit, Fleiß, Schmuck vnd Lachen

Finden allzeit vmb sie statt.

Lässt sie sich mit reden hören,

So sind lauter Weißheit Lehren,

Die sie auff der Zungen führt,

Sie versorgt, bestellt, vnd sihet,

Was im Hause nur geschihet,

Vnd wird nirgends faul gespührt.


Ihre Söhne sind gediehen,

Schreiben jhr die Wolfahrt zu,

Vnd jhr Mann muß jmmer blühen,

Sagt, sie schaff' jhm Frewd vnd Ruh,

Zwar durch vieler Töchter Segen

Kan man Reichthumb hinterlegen,

Wan sie fleiß- vnd zücht-ig sind;

Doch der Mutter Art vnd Thugend

Hat, was der noch zarten Jugend

Allen Lobspruch abgewinnt.


Lieblich seyn vnd schön von Leibe,

Wird von Weisen nicht erkiest,

Aber wo bey einem Weibe

Gottesfurcht vnd Thugend ist,

Das sol erst gelobet werden

Für den andern hier auff Erden,

Ihre frucht der Hände macht,

Daß auff sie vnd jhre Kinder,

Vnd auff Kindes-Kind nicht minder

Werd' ein ewig Lob gebracht.

Quelle:
Simon Dach: Gedichte, Band 1, Halle a.d.S. 1936, S. 75-76.
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